« Nach Japan: Alternative Energien, Öl & Gas auf dem Vormarsch? (Rohstoff-Spiegel) | Trends 2011: Hellas-Aktien vor lukrativem Comeback? » |
Die wirkliche Revolution im Ölmarkt
von Daniel Haase11.03.11 18:53:36
von Daniel Haase und Gerd Ewert
Seit Anfang dieses Jahres hat sich die Dynamik des Ölpreisanstieg verschärft. Die Medien konzentrieren sich auf eine einzige scheinbare Ursache: Die Freiheitskämpfe im Nahen Osten, die hierzulande häufig als „Unruhen“ klassifiziert werden. Es ist unumstritten, dass diese politischen Entwicklungen zumindest einen temporären Einfluss auf die Preisentwicklung haben. Viele Investoren sind auf die nun offen zu Tage tretende Instabilität der Angebotsseite aufmerksam geworden. Dennoch wäre die Behauptung, dass die Entwicklungen in Nordafrika Schuld für die steigenden Notierungen sind, einfach viel zu kurz gedacht, denn die wirkliche Revolution auf dem Erdölmarkt vollzieht bereits seit mehreren Jahren auf der Nachfrageseite.
Westeuropäischer Durchschnittsverbrauch bei über 2.500 Liter
Im Industriezeitalter ist Erdöl „der“ Schmierstoff der Weltwirtschaft. Wir Westeuropäer verbrauchen zwischen 2.500 und 2.900 Liter pro Kopf und Jahr, die US-Amerikaner sogar bis zu 4.000 Liter. Der Durchschnittsverbrauch der Chinesen und Inder liegt derzeit erst bei ca. 300 bzw. 150 Liter. Die Erfahrungen aus der Zeit des industriellen Aufstiegs Japans und Südkoreas legen die Vermutung nahe, dass sich diese Werte bis zum 2020 mehr als verdoppeln könnten. Ihr Anteil am Weltölkonsum, der bereits zwischen 2002 und 2010 von 9 auf 15% stieg, würde in diesem Szenario auf über ein Viertel klettern.
Steigende Nachfrage trifft auf stagnierendes Angebot
Es gibt seriöse Analysen, die davon ausgehen, dass die Erdölproduktion derzeit ihr globales Maximum überschreitet und über die kommenden Jahre sogar sukzessive schrumpfen wird (Stichwort: PeakOil). Doch selbst wenn wir davon ausgehen, dass bis 2020 die Produktion um weitere 10% gesteigert werden kann, wird es massive Probleme geben. Der Welt wird zwar nicht das Öl, wohl aber das billige Öl ausgehen. Die Entwicklungen in Nordafrika mögen kurzfristig den Ölpreisanstieg akzentuiert haben, der langfristige Hausse-Trend speist sich aber aus den hier dargelegten Gründen.
Abb. 2: Die aktuelle Öl-Silber-Ratio notiert derzeit in der Nähe der seit der Jahrtausendwende gesehenen Tiefs. Dies spricht dafür, dass in Relation zueinander Öl derzeit billig und Silber teuer ist. Quelle: Haase & Ewert
Öl in Gold und Silber spottbillig
Während Öl in Euro und Dollar teuer erscheinen mag, zeigt der Blick auf die Notierungen in solidem Geld, also Gold und Silber, dass es derzeit im Grunde spottbillig ist. Seit der Jahrtausendwende schwankte der Preis für ein Fass der Nordseemarke Brent zwischen drei und zehn Unzen Silber. Aktuell beträgt die Ratio preiswerte 3,36. In Gold fluktuierte der Preis – mit Ausnahme der 2009er Krise zwischen zwei und fünf Gramm, derzeit steht er bei 2,5. Im Rohstoff-Spiegel 26/2010 vom 25. Dezember rieten wir Investoren, statt auf das überhitzte Silber besser auf Öl zu setzen. Auch wenn Silber vollkommen entgegen unserer Erwartungen nochmals zu einem Hausse-Schub (+19%) ansetzte konnte, hielt der Preisanstieg mit dem von Öl (+23%) nicht Schritt.
Abb. 3: Die aktuelle Öl-Gold-Ratio notiert ebenfalls derzeit in der Nähe mehrerer seit der Jahrtausendwende gesehener Tiefs. Nur während der großen Rezession 2009 lagen die Preise deutlich niedriger. Zum 2005er und 2008er Hoch bei knapp 5 Gramm Gold müsste sich Öl in Gold gemessen verdoppeln. Dies spricht u. E. dafür, dass in Relation zueinander Öl derzeit billig und Gold teuer ist. Quelle: Haase & Ewert
Für die kommenden Monate gehen wir davon aus, dass sich Öl gute Chancen hat, sich in Gold und Silber weiter zu verteuern. Im Zuge der fortschreitenden Industrialisierung vieler Schwellenländer führt langfristig ohnehin kein Weg an steigenden Energiepreisen vorbei. Investoren sollten sich daher nach interessanten Anlagemöglichkeiten in diesem Sektor umschauen.
Vortragstermine im März 2011
Unsere aktuelle Vortragsrunde steht unter dem Titel „Euro in Not: Wohin mit meinem Geld?“. Wir laden die Abonnenten des Rohstoff-Spiegel herzlich zur Teilnahme an unseren Vorträgen in Freiburg (14.03.), Regensburg (15.03.) und Stuttgart (17.03.) ein. Details finden Sie auf unserer Internetseite (www.HaaseEwert.de). Um Voranmeldung wird gebeten.
Über die Autoren:
Daniel Haase und Gerd Ewert sind Fondsmanager und freie Redakteure. Das von ihnen entwickelte Trendfolgesystem wurde 2009 mit dem VTAD Award ausgezeichnet. Die vollständige Version dieses Artikels kann im Premium Trendfolger Nr. 9/11 gelesen werden. Kostenfreies Abo auf www.HaaseEwert.de/trendfolger
10 Kommentare
--
Sie haben für den genannten Zeitraum Recht ekers. Ein Blick auf den Silber/Öl-Ratio-Chart zeigt dennoch, was ich meine: Öl ist heute und war auch am 28.1.11 im Vergleich zu Silber und Gold sehr preiswert. Dass dies keine Garantie dafür gibt, dass es nicht noch preiswerter werden könnte, wissen wir beide. Wenn wir die Relationen von den Höchstständen der Hausse der 70er Jahre nehmen: 850 $ Gold, 50 $ Silber und 40 $ Öl, dann sind auch in den o.g. Charts auch 0,8 oz Silber bzw. 1,5 Gramm Gold je Fass Öl denkbar. MfG DH
Unglaublich, dass es immer noch Analysten gibt, die an das gescheiterte Wirtschaftsmodell glauben.
--
An das (noch) herrschenden Finanzsozialismus (zentrale Planung der Geldmenge und Zinsen etc.) glaube ich sicher nicht. Davon einmal abgesehen: In Ihrem Vergleich - auch wenn er sicher und zu Recht nicht ernst gemeint ist - wären die Mikrochips billig und Gold & Silber teuer. ;-) MfG DH
--
Ich gehe davon aus, dass Gold Geld ist - und Silber ebenfalls. Insofern halte ich die Chart-Darstellung in Silber und Gold mindestens für ebenso sinnvoll wie die Darstellung in Euro und Dollar, die nahezu jeder Gold- und Silberfan schließlich auch anstellt.
MfG DH
--
nur weil keine industrielle Zugehörigkeit existiert, heißt das nicht, dass es keinen Sinn ergäbe, aus Relationen Aussagen abzuleiten: Welchen Sinn hätten Charts in Euro und Dollar für Rohstoffe, Aktien etc. wenn nicht den, Trends herauszufinden, ihnen ggfs. zu folgen oder sich an (vermeintlichen) Extrempunkten entgegenzustellen? Selbst wenn ich den Zeitraum der o.g. Charts bis ins Jahr 1986 - immerhin 25 Jahreszeitraum - erweitere, wird deutlich, dass das Chance/Risiko-Verhältnis bei 2-4 oz Silber pro Ölfass eher fürs Öl und bei 8-10 eher für Silber sprachen, ebenso wie Preisen von 1,5 Gramm Gold für ein Fass Öl häufig (nicht immer) untere Wendepunkte marktierte, auch wenn es sich nicht in jedem Fall und promt innerhalb einiger Wochen oder Monaten in blanker Münze auszahlte.
Es gibt einfach keinen absoluten, fundamental begründbaren Fixpunkt bei der Geldanlage. Ich behaupte übrigens nicht, dass Silber gegenüber Brent nicht weiter steigen könne. Ich sage nur, das die Preisdaten der zurückliegenden 25 Jahre die Vermutung nahelegen, dass das Chance/Risikoverhältnis bei Silber/Brent eher fürs Öl als für Silber sprechen. Letztlich will ich niemanden von meiner Meinung überzeugen, sondern nur Denkanstösse geben, sich selbst eine Meinung zu bilden. Schließlich muss es, damit es an der Börse zu einem Handel kommt, ohnehin immer verschiedene Meinungen über die Zukunft geben. ;-) MfG Daniel Haase
Da ich kein daytrader bin sind die Aussagen über die künftigen, langfristigen Entwicklungen des Ölverbrauchs für mich von interesse. Und da teile ich die Ansichten von DH. Zumindest sieht es zum heutigen Zeitpunkt ganz danach aus, dass der Verbrauch rasant zunehmen wird! Das kann sich natürlich ändern...
Für Spekulanten dürften die kurzfristig Entwicklungen in der arabischen Welt von noch grösserer Bedeutung sein als alles andere. Schwappen die Unruhen auf Saudi Arabien oder gar den Iran?
MfG
Dave
lg samui1970
--
Ich bin immer wieder überrascht, mit welcher Sicherheit mancher glaubt, alle Vorgänge auf dieser Welt durchschauen zu können. Bei soviel "Wissen" wären Bescheidenheit und höfliche Umgangsformen wirklich fehl am Platze. MfG Daniel Haase
Ob man dem Märchen von Peak-Oil glauben schenkt ist primär nicht ganz so relevant. Längerfristig gesehen wird die Nachfrage an Öl das Angebot übersteigen und somit die Preise in die höhe schiessen lassen. Selbst wenn wir der abiotischen Theorie Glauben schenken ist die Fördermenge nicht so dynamisch wie die Nachfrage. Und die abiotische Theorie kann nicht voraussagen, wie lange es dauert eine einmal leer gepumpte Lagerstätte wieder mit Öl zu füllen.
Zudem werden in Zukunft geopolitische Faktoren eine immer wichtigere Rolle einnehmen. Die arabische Welt befindet sich im Umbruch. Die Frage lautet also nicht: Ob eines der wichtigen Ölförderländer ausfallen könnte? Sondern nur: Wann?
MfG
Dave
--
Hallo Dave, ich stimme Ihnen weitgehend zu: Der Welt muss das Öl nicht ausgehen. Was ihr vermutlich ausgeht, ist das billige Öl. Übrigens ein schönes Beispiel für das, was F.A. Hayek das "Wunder des Preissystems" nennt. Unabhängig davon, ob Peak Oil eine zutreffende Hypothese ist oder nicht, sorgt der steigende Ölpreis dafür, dass sich die Menschen in ihrem Verhalten in die ökonomisch sinnvolle Richtung anpassen: Sie werden (im Westen) sparsamer im Verbrauch, es werden vielfältige Investitionen getätigt (z.B. sparsamere Motoren, teurere Tiefseeförderprojekte), Substitutionsmöglichkeiten gesucht usw. usf. MfG Daniel Haase
wer sagt denn, dass die Nachfrage nach Öl immer größer ist als das Angebot ? Ist dies eine Prämisse oder ein in Stein gemeißeltes Gesetz ? Allein das Alaska-Ölfeld ist größer als das in Saudi-Arabien. Sie unterliegen da einem Irrtum, dem auch Klima-Veränderungsgläubige durch CO2 unterliegen, Öl muss knapp sein, damit sein hoher Preis gerechtfertigt ist. Öl ist seit mehr als 30 Jahren nicht anderes als Teil eines riesigen Besteuerungssystems und des Systems der USA über den Petro-Dollar, die restlichen westliche Bevölkerungen auszupressen, sozusagen eine Tributzahlung. Es sind mittlerweile Kohlen-Wasser-Stoff-Verbindungen / Methanverbindungen u.a. auf dem Mars bestätigt worden, mir ist allerdings nicht bekannt, dass die vermoderten Dinausaurier diese Flugstrecken hinbekommen haben, von daher scheidet die offizielle "Lehrbuchlüge" zur Entstehung von Erdöl aus, ebenso da es viele Funde in Russland lt. Lehrbuch nicht geben dürfte.
Danke für deinen Kommentar. Ich weiss leider auch nicht welche Theorie stimmt. In der Tat klingt auch für mich die Theorie des abiotischen Öls plausiber. Aber unabhängig von der Theorie zur Entstehung von Erdöl gilt folgendes:
Die Suche und Erschliessung von neuen Erdölfeldern erweist sich als schwierig, kostenintensiv und geschieht nicht über Nacht. Man braucht geol. Gutachten, Auswertungen, Probebohrungen usw. Nicht zu vergessen die Infrastruktur wie Bohrequimpent, Strassen, Pipelines, Lagertanks, Wohnbaracken usw. Das alles schränkt die Förderung erheblich ein - gerade in abgelegenen Regionen wie Alaska (dort spielt auch das Klima eine Rolle) - und ist ein enormer Zeit- und Kostenaufwand.
Darum glaube ich nicht, dass die Erschliessung mit der Nachfrage schritt halten kann, denn die Erschliessung richtet sich nach dem Preis des Öls. Erst höhere Preise rechtfertigen höhere Erschliessungskosten. Folge dessen MÜSSEN zuerst die Preise steigen bevor dann die Erschliessung beginnt; und nicht umgekehrt!
Wie gesagt, in Nahost sind noch geopolitische Faktoren zu berücksichtigen. Die Versorgung (Angebot) könnte dort wörtlich über Nacht zusammenbrechen! Aber niemand kann über Nacht ein neues Ölfeld erschliessen oder die Produktion derart steigern, so dass keine Knappheit auftritt.
Zudem haben wir auch China, Indien etc. und dessen Ölhunger. Glaubst du wirklich China würde überall auf der Welt Milliarden in Öl- und Gasfelder investieren, wenn man doch nur die westliche 'Ölverschwörung' aufdecken müsste?
Die Ölproduktion ist seit Jahrzehnten nur auf den westlichen Verbrauch abgestimmt. Darum hat man in den USA seit 40 Jahren keine neue Ölraffinerie gebaut - die Kapazitäten reichen völlig für die USA. Aber die neue Weltordnung mit China und Indien hat auch da niemand berücksichtigt.
Der Ölpreis ergibt sich aus Angebot und Nachfrage - nicht aus geschätzten oder möglichen Ressourcen und der Nachfrage. Das scheint einige zu verwirren.
Selbst bei $1'000 pro Barrel ist Öl vom Mars nicht wirtschaftlich. Ob es auf dem Mars Erdöl gibt oder nicht ist deshalb ebenfalls von keiner Relevanz. Das kann höchstens die abiotische Theorie bestätigen... sofern wir in Zukunft keine versteinerten Fossilien von Pflanzen oder Tieren auf dem Mars finden! Das wäre ja auch möglich, oder?
Wenn du natürlich anderer Meinung bist, so sei es dir frei gestellt. In deinem Fall, wenn du dir so sicher bist, solltest du soviel wie möglich Erdöl 'shorten'. Mit deinem Wissen könntest du richtig reich werden.
MfG
Dave
Kommentare sind für diesen Beitrag deaktiviert.
Letzte Kommentare