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Existenz der Eurozone erstmals wirklich in Gefahr

von Daniel Haase27.07.11 10:43:33

Link: http://www.HaaseEwert.de

Die Zeit läuft ab: Schleichender Bank-Run in Italien zwingt Europas Politik zu schnellem Handeln

(Auszug aus dem Trendfolger Nr. 20/1011)

In der Trendfolger-Ausgabe Nr. 18/2011 vom 20. Juni schrieben wir, dass sich spätestens mit dem Eintritt von Italien und Spanien die europäische Schuldenkrise in eine neue Dimension vorstößt, in der „Zeit kaufen“ á la Griechenland keine Option mehr darstellt. Gleichzeitig wiesen wir darauf hin, dass sich bei den Renditen 10jähriger spanischer Anleihen ein nachhaltiger Ausbruch über die Marke von 5,50% andeutete. (Bei Interesse können Sie diese Kolumne auch unter folgendem Goldseitenblog nachlesen:
www.goldseitenblog.com/daniel_haase/index.php/2011/06/24/droht-eine-neuerliche-globale-konjunktur

Mittlerweile ist das beschrieben Szenario eingetreten. Die langfristigen spanischen Staatsanleihen rentieren mittlerweile bei 6,35% und – was noch bedeutsamer ist – die italienischen bei 6,03%
(Quelle: FT vom 18.7.11 um 16:30 Uhr http://markets.ft.com/RESEARCH/Markets/Government-Bond-Spreads).

Die Frage, warum die Krise gerade jetzt auf Italien übergreift, wird in den Medien kaum diskutiert. Bestenfalls wird auf fiese Spekulanten hingewiesen, die die „unschuldige“ Regierung Berlusconi jetzt in die Enge treiben. Die einzig schlüssige Erklärung lieferte der schweizerische Vermögensverwalter Felix W. Zulauf, der in einem Interview bereits Mitte Mai auf einen beginnenden Bankrun in Zeitlupe hinwies (siehe www.handelsblatt.com/finanzen/boerse-maerkte/anlagestrategie/als-naechstes-ist-italien-dran/4165736.html).

Den Statistiken der Europäischen Zentralbank ist zu entnehmen, dass die Bankeinlagen bei italienischen Instituten zwischen Dezember 2010 und Mai 2011 um 3% oder 45 Milliarden Euro auf 1.379 Milliarden Euro schrumpften. Die Zahlen für Juni liegen noch nicht vor, doch der quer durch alle Laufzeiten ablesbare, dramatische Zinsanstieg der zurückliegenden Wochen deutet auf eine dynamische Verschärfung der Situation hin. Eine solche Entwicklung war wenige Monate vor den Bankrotten Griechenlands und Irlands in 2010 ebenfalls zu sehen. Die Situation ist damit hochgefährlich. In Deutschland und Frankreich ist übrigens nichts dergleichen zu sehen, die Einlagen bei deutschen Banken legten um +2% auf 3.018 Mrd. Euro zu, französische Institute können sich über einen Zuwachs von sogar +4% auf 1.801 Mrd. Euro freuen.

Die These vom Bank-Run würde übrigens auch die Bewertung italienischer Bankaktien erklären. So verfügt der Branchenprimus Unicredit laut 2010er Bilanz über ein Eigenkapital von 64 Mrd. Euro. Bis 2013 sollen zusätzlich 10 Mrd. Euro Gewinn erwirtschaftet werden. An der Börse wird Unicredit jedoch nicht mit 74 Mrd. Euro bewertet, sondern nur mit 22 Mrd. Euro. Dies entspricht einem Abschlag von 70%! In den vergangenen fünf Monaten verloren die UniTest-Aktien satte 44%. Wären wir Kunden der Unicredit oder z.B. ihrer deutschen Tochter HypoVereinsbank, würden wir uns langsam Sorgen machen.

Also: Vergessen Sie Griechenland! Ob die Euro-Zone eine Zukunft hat und wenn ja, welcher Art diese sein wird, entscheidet sich in den kommenden Wochen und zwar in Italien und Spanien. Den wenigsten Politikern und noch weniger Normalbürgern scheint klar zu sein, welches Ausmaß die Schuldenkrise gerade annimmt. Allein Spanien hat mehr Schulden (639 Mrd. Euro) als Griechenland, Irland und Portugal zusammen (637 Mrd. Euro). Italien sprengt mit über 1.840 Mrd. Euro endgültig jeden Rettungsrahmen. Portugal gab bei Zinssätzen von etwas über 7% für zehnjährige Papiere auf und begab sich unter den Rettungsfonds. Wenn die aktuelle Kapitalflucht aus Südeuropa inkl. Zinsanstieg noch ein paar Wochen anhält, könnte die Eurozone daher noch vor dem Ende der Sommerferien Geschichte sein. Auch wenn die Wahrscheinlichkeit für dieses Szenario gering sein mag, so ist sie dennoch hoch genug, damit sie nicht mehr ignoriert werden darf.

Für eine ernsthafte Problemlösung stehen im Grunde nur zwei Alternativen zur Verfügung: (1) Vergemeinschaftung der Risiken über Euro-Bonds bzw. ähnliches (ESM-Anleihen) oder (2) Organisation von Staatsbankrotten inkl. Bankenabwicklungen bzw. Bankenrettungen. Solange es nur um halbwegs kleine Volkswirtschaften (Griechenland, Irland und Portugal) ging, war eine politische Einigung auf Weg Nr. 1 möglich. Dies dürfte auch weiter der bevorzugte Weg der Eurokraten sein. Ob der Brüsseler Machtapparat die Regierungen der wenigen, verbliebenen Geberländer tatsächlich überzeugen kann, diesen Weg auch im Falle Spaniens und Italiens zu gehen? Den alternativen Weg Nr. 2 geht derzeit das dänische Königreich. Dort wurden seit Jahresanfang bereits mehrere Institute zwangsweise abgewickelt. Kunden mit Gesamtguthaben von bis zu 100.000 Euro erhielten ihre vollen Einlagen zurück. Darüber hinausgehende Ansprüche wurden nur quotal bedient. Bei Amagerbanken betrug die Quote laut Medienberichten nur 41%, bei der in Nordjütland beheimateten Fjordbank Mors 74%. (Quellen: NZZ, Wirtschaftsblatt, FTD). Dass von dem Einschnitt (Neudeutsch: Haircut) nur etwa 450 der 73.000 Fjordbank-Kunden betroffen wurden, dürfte diese kaum trösten.

www.wirtschaftsblatt.at/home/international/unternehmen/daenische-fjordbank-mors-schlittert-in-die-pleite-478118/index.do

www.nzz.ch/nachrichten/wirtschaft/aktuell/daenische_banken_unter_druck_1.11128423.html

http://m.ftd.de/artikel/60072097.xml?v=2.0

Sollten sich die europäischen Regierungen nicht darauf verständigen, dass deutsche und französische Steuerzahler für ganz Südeuropa einstehen, dann ist der dänische Weg die sinnvolle Alternative zum chaotischen Bankrott. Angesichts der Tatsache, dass deutsche Lebensversicherungen erhebliche Beträge in Spanien und Italien investiert haben (z.B. Allianz-Anleiheportfolio laut FuW zu 4% in Spanien und 20% in Italien), sollten alljene Sparer, die bisher die Kündigung ihrer Verträge verschlafen haben, jetzt ernsthaft über einen Ausstieg nachdenken. Die Zeit läuft ab. Wer über Bankguthaben von mehr als 100.000 Euro verfügt, sollte sich ebenfalls jetzt schnellstmöglich über eine Aufteilung auf mehrere Institute und Alternativen bemühen. Bei Bedarf stehen wir gern beratend zur Verfügung.

Auswirkungen auf die Aktienmärkte
In zwei Interviews mit dem Deutschen Anleger Fernsehen (www.daf.fm) geht Dr. Marc Faber, Herausgeber des Gloom, Boom & Doom Reports (www.gloomboomdoom.com/) davon aus, dass die weltweiten Aktienmärkte bis zur nächsten „quantitativen Erleichterung“ (Neusprech für „Gelddrucken“) deutlich schwächer tendieren könnten. Sobald jedoch die Zentralbanken die Druckerpressen wieder anwerfen (vermutlich noch in diesem Jahr), sollte dies die Kurse aber erneut nach oben treiben.

www.daf.fm/video/marc-faber-teil1-usa-werden-hundertprozentig-sicher-pleitegehen-50146004-DE0008469008.html

www.daf.fm/video/marc-faber-teil2-wir-sind-bereits-im-krieg---jetzt-gold-und-silber-kaufen-50146005-XC0009655157.html

Wir erwähnen dies, weil sich unsere Ansicht in diesem Fall mit der von Marc Faber deckt. In 25 von 32 regionalen Aktienmärkten, die wir mit unserem Trendfolge-System beobachten, dominieren die Baisse-Signale klar, in weiteren sechs ist das Bild uneinheitlich und nur in einem einzigen, dazu noch relativ unbedeutenden Markt (Neuseeland) überwiegen die Hausse-Signale. Für Trendfolger wie uns ist daher sehr defensives Verhalten angebracht.

Verfolgen Sie die Trends in unserem kostenfreien, wöchentlich erscheinenden Börsenbrief, zu dem Sie sich auf www.HaaseEwert.de anmelden können.

Mit freundlichen Grüßen und achten Sie auf den Trend!

Daniel Haase und Gerd Ewert