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Kollabiert die Euro-Zone vor dem Gelddrucken?
von Daniel Haase21.10.11 14:25:21
(Auszug aus dem Trendfolger Nr. 25/2011)
Ganz offensichtlich gehen die Märkte davon aus, dass sich weltweit die konjunkturellen Probleme derart verschärfen, dass sowohl die Europäische Zentralbank (EZB ) als auch die amerikanische Notenbank Federal Reserve (Fed) nur auf eine Art und Weise darauf reagieren können, wenn sie den Systemkollaps vermeiden wollen:
Mit Geld drucken. Entsprechend profitierten Gold, Silber und Goldminenaktien. Doch seitdem kam es bei Edelmetallen und –Minenaktien zu solch kräftigen Kursrücksetzern, dass dieses Szenario nunmehr hinterfragt werden muss.
Diese Graphik zeigte ich am 23. September im Deutschen Anlegerfernsehen. Gut zu erkennen ist, dass alle europäischen Aktiensektoren von Ende Juli bis Mitte September deutliche Verluste erlitten und einzig Goldminen zulegen konnten.
Das gesamte Interview können Sie über den folgenden Link ansehen:
www.daf.fm/video/trendfolger-haase-riesen-crash-kommt---keine-jahrelange-baisse-50147885-DE0005140008.html
Zentralbanken verschließen sich der Realität
Weder EZB noch Fed scheinen schon bereit zu sein, das Ausmaß der sich bereits ausbreitenden Krise anzuerkennen. Fed-Chef Ben Bernanke will demnächst zwar langfristige Anleihen aufkaufen, jedoch dieses durch den Verkauf kurzfristiger Papiere finanzieren, statt wie erwartet mit frischem Geld. Und die EZB fährt die Käufe südeuropäischer Staatsanleihen bereits wieder zurück: Nach 22 Milliarden Euro Aufkäufen in der ersten Augustwoche wurden zuletzt nur noch Anleihen im Gegenwert von 4 Milliarden Euro aus dem Markt genommen. Aus Stabilitätsgründen mag man geneigt sein, dies zu begrüßen nur: Der Zeitpunkt andem die westlichen Volkswirtschaften zu einer soliden Finanzpolitik zurückkehren können liegt Jahre zurück. Ohne Gelddrucken droht unmittelbar der deflationäre Kollaps. Es wundert wenig, dass die Renditen italienischer Staatsanleihen schon wieder klettern. Die psychologische Wirkung ist verheerend. Wenn die EZB (richtig) erkannt hat, dass Renditen oberhalb für Italien auf Dauer untragbar sind, warum lässt sie fährt sie dann ihr Anleiheankaufprogramm wieder zurück und riskiert in einigen Wochen die nächste Panikwelle? Wenn das Verhalten der Notenbank so inkonsequent ist, verstärkt das die ohnehin hoche Unsicherheit im Markt eher als dass es zur Beruhigung beiträgt.
Kapitalflucht aus Südeuropa
Nach wie vor findet eine Flucht aus als unsicher erkannten Anleihen Südeuropas in als (vermeintlich) sicher geltende Anleihen (innerhalb der Eurozone hauptsächlich: Deutschland) statt. Anders als die Schweizerische Notenbank, die mit einem Mindeskurs von 1,20 Franken je Euro, dem Markt klare Grenzen aufzeigte, lässt die EZB die Wirkung ihres Eingriffs in wenigen Wochen verpuffen und offenbart damit eigene Verwundbarkeit. Ein Blick in die Halbjahresbilanzen verschiedener europäischer Großbanken offenbart: Die Kreditvolumina schrumpfen vielfach bereits und bei einigen südeuropäischen Instituten gehen auch die Kundeneinlagen zurück. Noch haben wir es nicht mit einer Massenflucht zu tun, doch genau so fangen deflationäre Krisen an. Das Beispiel der (mittlerweile kollabierten) französisch-belgischen Dexia zeigt, wie schnell es brenzlich werden kann (Presselinks im Trendfolger 25/2011).
Süden Europas steuert auf schwere Rezession zu
Beim Ankauf von italienischen und spanischen Staatsanleihen seit Anfang August verhält sich die EZB so wie eine unmotivierte Feuerwehrmannschaft. Anstatt den licherloh brennenden Dachstuhl richtig zu löschen werden nur ein paar Eimer Wasser ausgekippt und dann gönnt man sich erstmal eine ausgiebige Pause in der Hoffnung, das Feuer werden nun von selbst aufhören zu brennen. Das Ergebnis ist im obigen Chart zu sehen: Die Flucht aus italienischen in deutsche Staatsanleihen geht weiter. Der Internationale Währungsfonds scheint da Krisengefahr bereits deutlicher zu erkennen. Ganz offen appelliert die Behörde an die Notenbanken, ganz massiv mit frisch gedrucktem Geld Staatsanleihen auf-zukaufen und an Politiker über Konjunkturprogramme einer erneuten Rezession vorzubeugen (Presselinks im TF 25/2011).
Da derartige Programme aktuell nicht in Sicht sind, wird eine scharfe Rezession in ganz Südeuropa kaum noch zu verhindern sein. Im Grunde ist der Aktiencrash vom August ein Fingerzeig darauf, dass sie im abgelaufenen dritten Quartal bereits begonnen haben dürfte. Solange keine klare politische Antwort erkennbar wird, dürfte sich diese Konjunkturkrise – für manche überraschend – schnell ausbreiten. Die Hoffnungen, China und die übrigen Schwellenländer werden mit ihrem Wirtschaftswachstum einen schlimmen Absturz der Weltwirtschaft verhindert, ist unseres Erachtens übertrieben. Dies haben wir bereits am 18. Juni im Trendfolger 18/2011 beschrieben. Nachlesbar auch in der am 24. Juni auf Goldseiten veröffentlichten Kolumne, die genau ins Schwarze traf:
www.goldseitenblog.com/daniel_haase/index.php/2011/06/24/droht-eine-neuerliche-globale-konjunktur
Wachstum in den Schwellenländern schrumpft:
Unsere Trendsignale für die Emerging Markets sprechen eine klare Sprache: Die Überraschungen der kommenden Wochen und Monate dürften eher negativer Art sein. Die dramatische Zunahme an Verkaufssignalen deutet auf eine konjunkturelle Schwächeperiode hin, dessen Ausmaß für die vielen Asien-und Lateinamerika-Optimisten recht ernüchternd sein wird. So sackte bei Daimler das China-Wachstum im jüngsten Quartalsbericht auf ernüchternde fünf Prozent p.a und die neuesten Daten des Einkaufsmanager-Index deuten gar auf eine Schrumpfung der Industrieproduktion. Auch in Brasilien steigen die Rezessionsgefahren (Presselinks siehe Trendfolger 25/2011).
Sicher haben China, Indien, Brasilien und Co. ausreichend Möglichkeiten, ihrer Konjunktur beispielsweise durch Zinssenkungen wieder auf die Beine zu helfen. Doch aktuell konzentrieren sich die dortigen Notenbanken nach wie vor auf die Bekämpfung der ausufernden Inflation. Vermutlich bedarf es eines Weckrufes in Form einer spektakulären Bankenpleite oder dramatisch niedriger Wachstumszahlen, um den Fokus der Schwellenländer-Notenbanker wieder in Richtung Wachstumsstimulierung zu verändern.
Das nachlassende Wachstum in den Schwellenländern lässt sich auch bereits in den Kursen von Rohstoffaktien ablesen. Der World Mining Fund von Black Rock ist sicher einer der renommiertesten Fonds in diesem Bereich. Im folgenden Chart ist erkennbar, dass uns seit dem Frühjahr ein Verkaufssignal für diesen Fonds vorliegt. Einige Wochen sah es so aus, als könnte es sich um ein Fehlsignal handeln, da die Kurse schon bald nach dem Atom-Unglück wieder anzogen. Doch mittlerweile notiert der Fonds 29% unter dem Kurslevel zum Zeitpunkt unseres Verkaufssignals. Trendfolge funktioniert – vielleicht nicht jedes Mal perfekt, doch die für den langfristigen Erfolg bzw. Misserfolg wichtigen Börsenwenden fängt man mit Trendfolge gut ein.
Der jüngste Einbruch der Kurse (allein seit in den zurückliegenden drei Wochen über 20%) zeigt, dass die Investoren - genau wie 2008 - mit massiven konjunkturellen Problemen weltweit rechnen. Solange der Dreh in die Inflation noch nicht gelungen ist, beleiben Rohstoffaktien aktuell sehr verletzlich.
Notwendigkeit zum Gelddrucken steigt stetig
Bei allen erkennbaren Deflationsgefahren ist jedoch eines klar: Eine längere Deflation führt direkt in den Kollaps unseres westlichen Finanzsystems. Weder für die Finanzpolitiker noch für die Notenbanker ist Deflation eine Option. Das Beispiel Griechenland zeigt, dass Sparen nicht mehr aus der Krise führt. Wer das inflationäre Szenario ad acta legt, muss sich mit Banken- und Staatsbankrotten anfreunden. Diese Erkenntnis dürfte sich schon bald europaweit durchsetzen. Der vom US-Finanzminister Geithner lancierte und von der EU-Kommission ebenso wie von Frankreich und Deutschland (Schäuble) unterstützte Vorschlag, dem kommenden europäischen „Rettungsfonds“ ESM praktisch unbegrenzten Zugang zu EZB-Krediten zu verschaffen geht ohnehin schon in diese Richtung. Allerdings darf bezweifelt werden, ob die Politik ausreichend Zeit hat, bis zur Einrichtung des ESM zu warten. Vermutlich erzwingen sich schnell verschlechternde Konjunkturdaten ein früheres Eingreifen, welches nur durch die EZB selbst zu bewerkstelligen wäre. Der Beitrag von George Soros in der FTD hierzu ist höchst lesenswert (Link im Trendfolger 25/2011).
Je nachdem, wie schnell Notenbanken und Politik erkennen, dass es zum Drucken von Geld keine das bestehende Finanzsystem erhaltende Alternative mehr gibt, umso schneller werden die Aktienkurse aber auch die Edelmetalle wieder steigen können. Nicht unbedingt, weil sich die Konjunktur erholt, sondern weil erstmals eine nennenswerte Flucht aus Anleihen in Sachwerte beginnen könnte. Dauert der politische Erkenntnisprozess länger, dürfte die Wende am Aktienmarkt noch etwas auf sich warten lassen und Gewinne eher mit Baisse-Spekulationen erzielbar sein. Da die hochverschuldeten Volkswirtschaften in Europa (aber ebenso in den USA) eine längere deflationäre Phase kaum verkraften werden, rechnen wir auch in diesem Fall nur mit wenigen Monaten bis, die Politik zum Inflationieren gezwungen ist. Dann aber ist eines klar: Gelddrucken kombiniert mit staatlichen Konjunkturprogrammen erhöht für 2012 massiv die Wahrscheinlichkeit einer beginnenden, großen Inflation durch die die aktuellen Verschuldungsprobleme letztlich auf ein wieder handhabbares Ausmaß geschrumpft werden. Wer sein Vermögen dagegen schützen will, wird gezwungen sein, Risiken im Bereich von Sachwerten einzugehen.
Aufgrund der höheren politischen Risiken bei Immobilien (Stichwort: „EU lobt griechische Immobiliensteuer“, Presselink im TF 25/2011) geben wir Aktien und Edelmetallen – sobald der Trend wieder auf Hausse dreht – den Vorzug.
Verfolgen Sie die Trends in unserem kostenfreien, zweiwöchentlich erscheinenden Börsenbrief, zu dem Sie sich auf www.HaaseEwert.de anmelden können.
Herzliche Grüße und achten Sie auf den Trend!
Daniel Haase und Gerd Ewert
www.HaaseEwert.de
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