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Wer kommt als nächstes dran?
von Jan Kneist 10.01.12 16:31:03
Das neue Jahr hat mit weiteren Kursverlusten des Euros gegenüber dem US-Dollar begonnen und es brennt (mal wieder) an allen Ecken. Die Frage ist jetzt, ob Griechenland als erstes den Euro verläßt oder ob Italien das sofortige und umfangreiche Eingreifen der EZB erfordert.
Die Griechen haben im März einen größeren Brocken Anleihen zu refinanzieren. Am 20. März werden wohl 14,4 Mrd. € fällig, im gesamten Monat sind es 17,5 Mrd. €. Und bisher ist es alles andere als klar, daß die nächsten Hilfszahlungen kommen. Zumindest wird ein recht glaubhaftes Schmierentheater vollführt. Wie nicht anders zu erwarten war, steigen die Widerstände gegen die Sparmaßnahmen in Griechenland, die Wirtschaft schrumpft immer schneller und die Arbeitslosigkeit steigt rapide an. Laut Handelsblatt werden jeden Monat ca. 20.000 Leute arbeitslos, bei den 15-24jährigen hat die Quote 40% erreicht. Die EU-Kommission hat jetzt eingeräumt, daß es unwahrscheinlich ist, daß das Haushaltsdefizit dieses Jahr auf 5,4% sinkt. Wer hätte das gedacht! Es würde mich nicht wundern, wenn es wieder bei 10% landet, denn die Wirtschaftsschrumpfung läßt es selbst ohne Mehrausgaben wachsen.
Der Chef der griechischen ZB meinte, ein Verlassen des Euros werfe die Griechen um 20-25 Jahre zurück. Mit Verlaub, die Griechen haben sich in den letzten 10 Jahren gegönnt, was sie sich eigentlich nicht leisten konnten. Wenn sie jetzt wieder Drachmen bekommen und der Westen einen Großteil seiner Eurokredite abschreiben kann, dann ist das nicht nur eine zweite Chance für Griechenland, es ist für das Land und seine Bürger auch eine Motivation, aus eigner Kraft das zu erreichen, was sie schon einmal durch Geschenke anderer hatten. Die Griechen MÜSSEN aus dem Euro heraus, dieses Moral Hazzard Problem ist anders überhaupt nicht lösbar. Oder wollen sie ihre Löhne auf das Niveau von Bangladesch senken? Und falls sie die Motivation eben nicht haben, das Geld für ihre Importe selber zu verdienen, dann können sie eben weniger kaufen wie früher und müssen bescheidener werden! Wir haben keinen Grund, die Griechen ständig zu subventionieren, während unsere Arbeitnehmer - Schlafschafen gleich - bei sinkenden Reallöhnen weiter im Hamsterrad laufen.
Kommen wir aber zu Italien, denn das ist der zweite Kandidat, der den Euro zum Platzen bringen könnte. Prof. Sinn führt in seinem hervorragenden Vortrag (abgesehen von seiner politischen Einschätzung, die ich nicht teile) vom 19.12. vor der LMU in München zahlreiche Fakten zu den Kapitalverlusten der PIGS Länder aus. Per Ende September 2011 hatten Griechenland und Italien über 100 Mrd. € Target-Minus-Salden, Frankreich 90 Mrd., Spanien 83 Mrd. und Portugal 53 Mrd. Gleichzeitig war bei der Bundesbank ein Plussaldo von 450 Mrd. € aufgelaufen. Dieses Geld wurde in den PIGS Ländern neu geschaffen (d.h. nicht im Ausland geliehen, denn private Kreditgeber gibt es kaum noch!). Hätten die Länder noch ihre alten Währungen und keiner hätte ihnen im Ausland mehr Geld geliehen, dann wären sie zur Besinnung gekommen und hätten ihre Importe deutlich vermindern müssen oder sie hätten dafür andere werthaltige Vermögensgegenstände, z.B. Gold, hergeben müssen. Leider geht das so nicht und so fluten sie die relativ soliden Lände mit ihren frisch erzeugten Euros.
Wie Sinn darstellt, fand aus Irland ein riesiger Kapitaltransfer statt, der nur zu einem Bruchteil durch das Handelsdefizit zu erklären ist. In Italien sah es bisher besser aus, doch seit einigen Monaten steigt die Kapitalflucht sprungartig an und übertrifft sogar die Geldverluste durch das Handelsdefizit. Laut Sinn flossen aus Italien alleine in August und September 80 Mrd. € ab, bis November 131 Mrd. €. Aus Frankreich flossen im August und September 90 Mrd. € Fluchtgeld ab. Das sind riesige Summen Panikgeld. Noch ist Euro gleich Euro und wer Euro in Deutschland hat, hofft damit, bei der Währungsumstellung Nordeuro oder Mark zu bekommen. Die Masse des abgezogenen Geldes geht nach Deutschland und Holland. Und eine der Banken, die in Italien gewaltige Summen verliert, ist Unicredit. Der Aktienkurs spricht Bände und das Unternehmen versucht gerade, eine Kapitalerhöhung mit riesigem Abschlag durchzuführen. Wer mit Verstand kauft, kauft Aktien von Unicredit?! Am 20. Januar wollen sich Merkotzi und Monti treffen, denn Italien könnte innerhalb von Wochen gezwungen sein, seine Banken zu stützen bzw. Kapitalverkehrskontrollen einzuführen. Die Griechen haben immerhin noch bis März Zeit! Was ist das Problem daran? Aus dem Ausland fließen besagte hunderte von Milliarden frisch gedruckten Geldes nach Deutschland, die die Bundesbank den Empfängern hier gutschreibt und die bei ihr als Forderungen gegen das EZB-System in der Bilanz verbleiben.
Früher hätte sie Forderungen in Lira, Drachme oder Dollar in den Büchern, die man hätte präsentieren und dafür Güter verlangen können. Aber glauben Sie, daß die Bundesbank nach Italien oder Frankreich geht und dort Gold verlangt für die zig Milliarden aus dem Nichts geschaffener Euros? Das würde wieder sämtliche Stereotypen bedienen, obwohl De Gaulle Ende der 60er Jahre mit seiner Goldrückholung aus den USA nichts anderes gemacht hat. Den ganzen Vortrag von Sinn können Sie sich hier übrigens hier ansehen:http://mediathek.cesifogroup.de/player/macros/_v_f_750_de_512_288/_s_ifo/_x_s-764870657/ifo/index.html.
Während wir hier mit dem Euro kämpfen, kann der Mega-Schuldensünder, die USA, sich in relativer Sicherheit wiegen. Man zündelt mit dem Iran, ist dabei, mit seinen Vasallen ein Ölembargo zu beginnen und plant wohl schon einen Überfall auf das Land. Also „Massenvernichtungswaffen die Zweite“! Was auch noch den Vorteil eines steigenden Ölpreises hätte, wodurch die Nachfrage nach US Dollars für den Ölhandel wieder anzieht. Daß ein steigender Dollar der US-Wirtschaft nicht hilft, spielt keine Rolle. Man türkt eben noch bissel die Zahlen. Hauptsache, der Dollar überlebt den Euro als Währung. Vielleicht wird man vor seinem eigenen Fall auch noch die Japaner in den Abgrund reißen. Eine konzertierte Aktion der Ratingagenturen gegen Japan könnte hier eine Panikflucht aus dem Yen verursachen. Auch das würde dem Dollar wieder für eine Weile Luft verschaffen! Sie sehen, es gibt zahlreiche Möglichkeiten, wer als nächstes dran ist. Ich vermute, es wird der Euro sein, von Griechenland ausgelöst. Prof. Sinn sprach davon, daß wir in der unvermeidbaren Transferunion mit Eurobonds die Kunstwährung noch 10 Jahre hätten. Das glaube ich kaum. Er unterschätzt die politische Dynamik, die sich entwickeln wird, wenn der Widerstand gegen die Transferunion offen ausbricht. Der Euro wird für Deutschland der teuerste Fehlschlag seit dem 2. Weltkrieg sein und so in die Geschichte eingehen.
Wenn sie der ewig gleiche Rat langsam langweilt – kaufen Sie weiter Gold und Silber und gute Minenaktien. Kanadischer, australischer und US-Dollar werden meiner Ansicht nach erst nach dem Euro in die Brüche gehen, so daß gute Minenaktien auch ein zusätzlicher Währungshedge sind.
Erschienen im Rohstoff-Spiegel Nr. 1/212 vom 07.01.2012
7 Kommentare
ein Zusammenbruch des derzeitigen "Welt-Währungs-systems" unvermeidbar.
Fragt sich nur noch in welcher Reihenfolge
und mit welchen Folgen für den jeweiligen
Bürger.
Politiker aller Länder und jeder Couleur können
einem Papierdrachen (Geld-schaffen , Geld
drucken in immer neuen Varianten) nicht den
Respekt und das Vertrauen implantieren, dass
eine solide (möglichst schuldenfreie)
Finanzpolitik verdient.
Viele Pressekonferenzen wirken wie das
Pfeifen im dunklen Wald ...viele Leerformeln
verdecken bei den Politikern oft die eigene
Hilflosigkeit und das Gefühl des
"getrieben seins".
Statt zu agieren ...also zu regieren ...wird
leider offensichtlich konzeptionslos reagiert.
So wichtig es ist ...wie am Ende des obigen
Artikels geschrieben wurde ...Gold, Silber
und div Aktien zu besitzen...sehr viel wichtiger
erscheint mir für ein solches Krisenszenario
über das Pflegen und Ausbauen von Netzwerken
nachzudenken, die die eigene Nahrungsmittel-
versorgung (Selbstversorger im Notfall), die
autonome Energieversorgung (Wärme Notstrom usw)
sowie über eine gut organisierte medizinische
pharmazeutische Versorgung sicherstellt.
Ein Beispiel:
Bereits seit 2009 sind lt.dem Fachinformationsdienst
"Arzneimitteltelegramm" Engpässe bei der
Lieferung von Klinikpharmazeutika entstanden.
Die Folge waren lebensbedrohliche Zustände
in Kliniken sogar Todesfälle ...einfach weil
die Pharmazeutika "z Zt" nicht lieferbar
waren.
Meine Meinung...auch ich sehe "Gewitterwolken
am Himmel aufziehen" ...ob wir das Unwetter
vermeiden können oder/und wie wir es überstehen
wwerden steht dahin.
Hans Stein am 11. Jan 2012
Herr Stein, natürlich muß man Vorsorge treffen, auch mit Vorräten, ggf. ein Notstromaggregat etc. Das hatte ich schon mehrfach erwähnt. Ein Mad-Max-Szenario hört sich jetzt noch sehr surreal an und das bleibt es hoffentlich noch eine Weile. Aber Sie wissen ja selber, daß das Papiergeld gegen die Wand fährt. Das "beste" Szenario ist, daß die Inflation stetig voranschreitet, ohne Sodom und Gomorrha auf den Straßen auszulösen. Davon gehe ich mal aus. Aber um auf die Aktien zu kommen: Selbst in den Jahren der Hyperinflation gab es normalen Börsenhandel. Die Frage ist, ob man real mit den Aktien noch etwas gutmachen konnte. Ich vermute, mit guten Gold- und Silberaktien wird das jetzt gelingen. Dennoch macht es Sinn, sich auf alle möglichen Szenarien vorzubereiten. JK
Genau so ist es leider. JK
"Die Griechen haben im März einen größeren Brocken Anleihen zu refinanzieren."
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Man wird eine weitere Havenstein-Lösung finden :-)))
Natürlich. Papier und Druckerfarbe wird es immer reichlich geben... JK
Gold & Silber in Deflationärer Abwärtswelle
sogar bis hinunter auf 1200 möglich...
verfasst von Clive Maund ..
wem kann der mensch da noch ein wenig vertrauen?
alle denken sie sind fachleute und schreiben doch sehr gegensätzliches..
.
Es ist doch nicht neu, daß wir alle möglichen Meinungen zu Wort kommen lassen. Und die Ansicht von Maund ist nicht notwendigerweise meine. ;) JK
Ist doch egal. Wer Gold zum Spekulieren verwendet, die soll der Teufel holen. Gold ist zum Erhalt der Souveränität und Kaufkraft da. Wer Gold kauft zeigt zivilen Ungehorsam. Viele öglichkeiten haben wir sowieso nicht mehr. Führt sie ins "Licht".
Beim L ist gerade das Mischbrot um 9% raufgegangen. Die Inflationsraten die uns von Oben vorgekaut werden, sollten nicht so ernst genommen werde. Und in unserer Lokalpresse wurde gerade ein ganzseitiges, kostenloses Werbeinterview veröffentlicht. Darin empfahl ein Wertpapierberater einer Bank, dass die Leute schnell aus Gold raus sollten und die Leute sollen doch ihre Goldvorräte bei ihm offenlegen und neu bewerten lassen. Habe ich gelacht.
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