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Erdbeben auf Raten Teil 5
von Johannes Forthmann 01.06.12 17:39:38
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Cui Bono (wem es nützt)
Die 2009 begonnene Erholungsbewegung im Rahmen eines primären Bärenmarkttrends hat ein Ende gefunden. Eine neue Abwärtsphase begann. Ankündigungen auf charttechnischer Ebene erfolgten nach uralten Mustern. Wichtige Rohstoffe wie Kupfer befinden sich bereits seit längerem wie in älteren Artikeln beschrieben in einem Abwärtstrend, zuletzt auch Öl. An den Aktienmärkten ist in den kommenden Monaten mit Turbulenzen und deflationären Schocks zu rechnen. Am 1. Mai markierte der wichtigste Aktienindex der Welt von wenigen Analysten bemerkt ein Top bei 13.338 Punkten. Dieses Hoch wurde vom Dow Jones Transportation Index nicht mehr bestätigt. Danach unterschritten beide Indices ihre April Tiefs. Die Renditen der im Dow Jones befindlichen größten Industrieaktien notierten im Mai 2012 mit etwas mehr als 2 % auf dem Stand von Oktober 1929.
Grafik 1: Dow Jones und DJ Transportation Index März/Mai 2012(1 Preisstab=1Tag)
Ein anderer charttechnischer Aspekt, der für eine Wiederaufnahme des Primärtrends spricht ist die Tatsache, dass alle Aktienindices der Welt zu diesem Zeitpunkt bereits tiefere Spitzen gebildet hatten.
Grafik 2: MCSI Lyxor World Aktienindex
Ein weiteres Indiz für die Nachhaltigkeit der hier stattgefundenen Umkehr gibt die fallende Advance Decline Line der New Yorker Börse zum Maibeginn. Sie misst die Anzahl der steigenden und fallenden Aktien. Hier konnte man bereits seit Mitte April eine negative Tendenz beobachten.
Grafik 3: NYSE Advance Decline Line
Der Rückgang der Indizes lief in geordneten Bahnen ab. Irgendwie passt dieses auf surreale Art und Weise mit der Feierlaune zusammen, die man zur Zeit in überfüllten Restaurants in den Metropolen der Welt sieht. Keine Spur von Panik oder Finanzkrise. Hat auf der Titanic nicht auch bis zuletzt das Orchester gespielt? Zu denken gibt es allerdings schon, wenn man eine Kombination derartiger Chartkonstellationen ausgerechnet einige Monate vor den US Wahlen sieht. Traditionell bewegen sich Aktienmärkte in Wahljahren eher rauf als runter.
Ein weiterer ernstzunehmender Test wird spätestens dann erfolgen, wenn von den Märkten erhoffte neue Liquiditätsflutungen verpuffen sollten.
Shortterm gain / longterm pain?
Die verordnete Sparpolitik für EU Peripheriestaaten erscheint sich bisher als wenig hilfreich zu erweisen. International angesehene Ökonomen fordern Eurobonds. Durchschlagende Erfolge der Keynesianische Ansätze in UK und jenseits des Atlantiks kann man aber auch nicht beobachten. Die Bank von England zögerte bei ihrem letzten Meeting das Bondaufkaufprogramm höher zu fixieren. Selbst Keynes sagte nach der Bretton Woods Konferenz 1944, dass er sich nicht sicher sei, ob seine Ansätze auch in 20 Jahren noch Erfolg bringen würden. Er könnte recht behalten, denn die heutige Welt ist mit völlig anderen Problemstellungen konfrontiert zu sein. Keynes wirkte in einer Zeit, in der die USA als Gläubigernation fungierte. Das Gegenteil ist heute der Fall.
Money for nothing – Knete für umsonst
Teilweise zynische angelsächsische Kommentare machen Deutschland mit seinem Sparwillen seit längerem für die Ausweitung der Krise verantwortlich. Europas „Paymaster in chief“ bleibt aber komischerweise trotz realer Negativzinsen auf Staatsanleihen für ausländische Investoren immer noch der attraktivste Ort der Welt. Wie groß muß deren Furcht wirklich sein, dass sie Deutschland Geld bei einem fallenden Eurokurs leihen und dabei noch draufzahlen? Oder haben wir es hier vielleicht mit zurückströmenden Gelder aus EU Transfers zu tun? Der spanische Finanzminister gab gestern bekannt, dass im März 2012 66 Mrd. Euro das Land verlassen haben. Ähnliche Rückströme beobachtet man in Japan, aber da steigt der Kurs der Währung ja wenigstens noch. Liegt es daran, dass der Yen mittlerweile als die „am wenigsten hässliche Währung“ der Welt gilt?
Carry Trade artige Abflüsse sorgten in den letzten Wochen für weitere Aufwertungen des Yen gegenüber dem Dollar, Euro und Franken. Eine schon über Jahrzehnte anhaltende Deflationsspirale nimmt dort trotz Interventionen der Zentralbank weiter ihren Lauf. Werden an der Wall Street die Lichter ausgehen, wenn japanische Investoren ihre letzten Vermögen „heimholen“?
Ob die kleine Schweiz in den nächsten Monaten noch in der Lage sein wird den Franken zu schwächen(Euro zu stützen) ist zu bezweifeln. Die Schweizer Nationalbank kündigte in der letzten Woche Kapitalverkehrskontrollen und „Strafzinsen“ für ausländische Banken an, die ihr Geld in Franken deponieren.
Asienkrise – Deja Vu?
Im Jahre 1997 stürzte die Asienkrise die Welt in eine Finanzkrise. Sie war wie so oft in der Geschichte bedingt durch übersteigerte Aktien- und Immobilienpreise und endete in einer Bankenkrise. Diese weitete sich schnell auf andere Staaten aus, die als emerging markets bezeichnet werden. Emerging markets neigen aus unbekannten Gründen dazu, dass lokale Krisen sich schnell auf andere, auch weiter entfernte Staaten der gleichen Gruppe ausweiten können. Die Krise wurde dadurch überwunden, dass Schulden erlassen und geldpolitische Hähne aufgedreht wurden. Die meisten dieser Staaten sind zu einem grossen Teil auf Exportgeschäfte in die demografisch schwachen westlichen Länder angewiesen. Diese sind mittlerweile mit asiatischen Billigprodukten übersättigt. Zur Zeit erfolgen von Seiten produzierender Länder der emerging markets verzweifelte Interventionsversuche, ihre Währungen gegenüber dem US Dollar und dem Euro abzuwerten. So notiert z.B. die indische Rupie auf Rekordniedrigniveau zum US Dollar. Andere Währungen produzierender Länder schließen sich diesem Trend an. Es ist eine Illusion zu glauben, dass die Volkswirtschaften all dieser Staaten in nächster Zeit die notwendigen Binnenkreisläufe entwickeln, um die Verluste aus den wegbrechenden Exportmärkten USA und Europa zu kompensieren. Die Folge: Auch Exportweltmeister Deutschland wird darunter zu leiden haben-
Immobilienblase Made in China?
China blieb von der damaligen Asienkrise weitgehend unberührt. Mit steigendem exportorientiertem Wirtschaftswachtum entwickelte sich das Land zu einer Supermacht. Aber auch hier landete irgendwann die globale Immobilienkaravane. Nachdem viele Investoren von dem Fall der dortigen Aktienmärkte abgeschreckt wurden, begann man in Immobilien und letztlich auch Gold zu investieren. Die Frage ist nun, ob wir es hier mit einer neuen Immobilienblase nach spanischem oder angelsächsischen Muster zu tun haben.
Professor Chovanec von der Universität Tsinghua untersuchte diesen Fall und belegt seine Studie mit aktuellen Zahlen von 2012. Er schätzt, dass ein Fallen des chinesischen Immobilien Investmentplateaus auf Null eine GDP Reduzierung von 2,6 % bedeutet. Wenn die Aktivität im Immobiliensektor um 10% fällt, dann würde das Bruttoinlandsprodukt auf 5.3% schrumpfen. Dieses würde einen Nährboden für soziales Konfliktpotential bilden.
Die folgende Grafik 4 zeigt die Schätzungen von Prof. Chovanec
Hinzu kommt ein weiterer erschreckender Tatbestand. Laut einem Bericht der Financial Times Deutschland wurden 50% aller Bauern von korrupten kommunistischen Beamten illegal Land weggenommen, um es in Form von Immobilien zu verscherbeln. Einer Studie der Universität Renmin errechnte, das ein Viertel überhaupt nicht entschädigt wurde, 2/3 der Entschädigten bekamen nur ein Vierzigstel des Marktpreise. Ein Bauer, der sich auflehnte wurde verhaftet und totgeprügelt. In der Küstenstadt Wukan haben Auftstände von Bürgern stattgefunden, die im ganzen Land verfolgt werden. Sie lassen sich nicht mehr ihre Lebensgrundlage in Form von Ackerland unter den Füssen weg ziehen.
Ebenso fraglich ist, ob jüngste Ankündigungen von kreditpolitischen Lockerungsmaßnahmen der chinesischen Staatslenker die sich abkühlende Wirtschaft beleben können. Die letzten Zahlen deuten auf einen Rückgang. So fiel der gestern bekannt gegebene Einkaufsmanagerindex von 56 auf 50 Punkte. Eine Kombination aus Immobilienkrise und zurückgehenden Exporten wäre für China eine fatale Mischung.
Europa
Europa wird zur Zeit von den meisten Medien als die Ursache aller globalen wirtschaftlichen Probleme angesehen. Die von den USA ausgehende Subprime Krise wird dabei gerne in den Hintergrund gedrängt. Neueste Daten zeigen jedoch, dass der dortige Häusermarkt immer noch am Boden liegt. In der Tat scheint sich die Einführung des Euros zunehmend als größter politischen Fehler Deutschlands der letzten Dekaden zu erweisen. Bevor man jedoch Deutschland allgemein als Verursacher der jetzigen Krise abstempelt, sollte man sich vor Augen führen, dass auch andere Nationen an der Einführung des Euros maßgeblich beteiligt waren. Der Euro hat Europa nicht geeinigt, sondern ist dabei das Gegenteil zu bewirken. Der ehemalige Chef der West LB, Ludwig Poullain drückt dieses in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung so aus: „Der Euro wird Europa sprengen. Er entzweit die Völker, baut Neid, Missgunst, ja sogar Hass auf.“
Zusammenfassung
Eine negative Kombination aus fundamentalen und technischen Faktoren macht sich nun auf globaler Ebene bemerkbar. Einige davon wurden hier beleuchtet. Sie signalisieren Turbulenzen in den nächsten Monaten. Das zeitliche Limit für eine Bewältigung der Finanzkrise von 2008 ist abgelaufen. Wirksame Reformen wurden nicht unternommen. Eine zunehmende Zahl an Fachleuten bestätigt dies. Mit der Währungs- und Schuldenproblematik in Europa hat sich ein weiteres Kartenhaus aufgetürmt, welches nun einzustürzen droht.
Vielleicht werden die Gewinner der kommenden Jahre diejenigen sein, die es irgendwie schaffen am wenigsten zu verlieren. Was immer Sie auch tun werden. Ich wünsche Ihnen eine glückliche Hand dabei.
Johannes Forthmann ist deutscher Wirtschaftswissenschaftler. Einige der in diesem Artikel beschriebenen Analysen basieren auf eigenen Verfahren und Datenquellen. Es wird keine Garantie für deren Richtigkeit übernommen.
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