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Goldindikatoren Teil 19

von Johannes Forthmann E-Mail 06.11.12 14:49:05

Link: http://jf-research.com/blog/

Goldindikatoren Teil 19

Intellektueller Wirtschaftsjournalismus – eine neue Gattung geistiger Armut?

Das Fachwissen von einigen deutschen Wirtschaftsjournalisten, was das Thema Gold und Silber angeht, nimmt in den letzten Wochen peinliche Formen an. So konnte man kürzlich in renommierten Zeitungen herablassende Kommentare lesen, die eine gewisse Verachtung gepaart mit fachlicher Inkompetenz offensichtlich werden lassen. Wer als Wirtschaftsjournalist solch minderqualifizierte und undifferenzierte Artikel schreibt braucht sich nicht zu wundern, wenn er demnächst einmal selbst in die berufliche Kategorie von Hartz 4 fällt: What goes round, comes around.

In der Financial Times Deutschland wurde wieder einmal hemmungslos mit dem Totschlagsargument „Gold bringt keine Zinsen“ gearbeitet (http://www.ftd.de/politik/deutschland/:kolumne-peter-ehrlich-operation-fort-knox/70109265.html). Der Autor macht sich ferner lustig über die „kindischen“ Vorstellungen der Deutschen über Gold, Geldwirtschaft und Besitz.

In der letzten Ausgabe der „Die Zeit“ kommt es noch härter. Auf Seite 1 wird allen Ernstes per Schlagzeile unter dem Titel „Gold, das nicht glänzt“ die Idee in Erwägung gezogen, deutsches Gold ins Meer zu werfen.

Bei derartigen Argumentationsweisen drängt sich einem relativ normal denkenden Menschen die berechtigte Frage auf, ob man diese Zeitungen überhaupt noch lesen soll. Ein weiteres ständig in Fachkommentaren geäußertes Argument bezüglich Gold und Silber bleibt die dumme Behauptung:
„Gold befindet sich ja wohl jetzt eindeutig in einer „Blase“.

Aus diesem Grunde habe ich mir in diesem Teil meiner Essayreihe erlaubt, etwas Nachhilfeunterricht im Puncto Blasenbildung zu geben. Blasen gibt es schon solange wie die Menschheit existiert und es wird sie immer geben. Auf Finanzmärkte übertragen wurde dieses zum ersten Male 1841 von John Mac Kay in seinem Buch „Außerordentliche Verwirrungen und der Wahn der Massen“ genauer beschrieben. Er sagte in seinem damaligen Vorwort: „Die Geschichte der massenhaften Selbsttäuschung ist derart lang und enthält derart viel Episoden, dass 50 Bände kaum genügen würden, um sie eingehend darzustellen“.

In der Tat scheint dieses Phänomen momentan eher für Bondmärkte zu gelten als für Gold und Silber. Ein Vorteil der heutigen Zeit ist, dass man in einigen Fällen anhand von Grafiken relativ gut vergleichend erkennen kann, ob es sich tatsächlich um eine Blasenbildung handelt oder nicht.

Beispiel Dotcom Blase

Eine der letzten allgemein bekannten Blasen platzte um die Jahrtausendwende und ging danach unter dem Namen „Dotcom Bubble“ in die Finanzgeschichte ein. Betrachtet man einmal deren verlaufsmässige Entwicklung bis zum Platzen etwas genauer, dann stellen wir im wesentlichen 4 Komponenten fest, die als Kardinalfaktoren jeder Art von Blasenbildung auf den Finanzmärkten gelten können:

  • Parabolische Kursverläufe
  • Eine Kaufpanik („Mad rush“) kurz vor Topbildung mit stark erhöhtem Umsatz
  • Climax und Selloff bei mehr als 3 x erhöhtem durchschnittlichem Handelsvolumen
  • Verkaufspanik und beschleunigter Kursverfall.

Alle diese 4 Komponenten sollten erfüllt sein, bevor man von einer echten Blasenbildung sprechen kann. Dieser Prozess vollzieht sich meistens in Form von zwei oder mehr Spitzen. Ein eindeutiges Beispiel aus der Dotcomblasenzeit mit allen hier beschriebenen Kriterien habe ich im folgenden Chart abgebildet. Es handelt sich um eine der damaligen Lieblingsaktien von Vermögensverwaltern, Portfoliomanagern, Privatinvestoren und sonstigen Marktteilnehmern. Ich erinnere mich, dass mir kurz vor dem Platzen dieser Blase ein Wirtschaftsprüfer sagte: “Diese Aktie sollte man immer weiter kaufen.“ Diese Bemerkung ähnelte stark einem Phänomen, welches vom Vater der Massenpsycholgie, Dr. Gustave Le Bon, bereits vor 120 Jahren mit den Worten beschrieben wurde: “In dem Augenblick, wo sie zur Masse gehören, werden der Gelehrte und Ungebildete gleich unfähig zur Beobachtung.“ (gilt dieses etwa auch für Wirtschaftsjournalisten?)

Chart 1: Rambus von 1999 bis 2002
Rambus von 1999 bis 2002

Diese Aktie notiert heute, über 10 Jahre später, bei 4.85 $, welches noch einmal einen Abschlag von knapp 50% seit der hier gezeigten Zeitperiode ausmacht, insgesamt ein Verlust von 97%.

Hätten wir es demnach mit einer echten Blasenbildung bei Gold zu tun, dann müsste das gelbe Metall vom Höchststand 1800 $ aus gerechnet in 10 Jahren bei 100 $ notieren. Es sind nicht nur einige Wirtschaftsjournalisten, die anscheinend grenzenloses Vertrauen in ungedeckte Papiergeldsysteme haben. Der britische Finanzminister und spätere Premier Gordon Brown brachte es sogar fertig, einen Großteil der Goldreserven seines Landes 2001 auf einem ähnlichen Niveau zu verkaufen. Vor dem Hintergrund der jetzigen wirtschaftlichen Situation könnte man das Vereinigte Königreich auch als Europameister im Gelddrucken bezeichnen.

Gold im Vergleich

Vergleichen wir nun Gold mit den hier gezeigten typischen Merkmalen, dann kann man objektiv keine ähnlichen Phänomene beobachten wie in Chart 1. Gezeigt wird dieses folgend an dem weltweit am meisten gehandelten SPDR Gold Trust. Ich empfehle diesen ETF in meinem Newsletter nicht, weil immer wieder Zweifel an deren tatsächlichen physischen Beständen auftauchen, aber er spiegelt immerhin das Verhalten des Gesamtmarktes wieder. Man könnte auch einen Giganten unter den Minenaktien nehmen und würde ein ähnliches Bild sehen.

Grafik 2: SPDR Gold Trust ETF von Juli 2010 bis November 2012
SPDR Gold Trust ETF von Juli 2010 bis November 2012

Anhand des letzteren Charts halte ich folgende Fakten fest:

  • Kein parabolischer Kursverlauf in den letzten 12 Monaten
  • Keine dramatische Volumenerhöhung
  • Keine zweite Spitze (climax) mit weiterem Volumenanstieg
  • Keine Verkaufspanik mit beschleunigtem Kursverfall

Zusammenfassung:

Von Halbwissen und Vorurteilen geprägte geistige Ausgüsse einiger Wirtschaftsjournalisten können sich nachteilig auf persönliche Investmententscheidungen auswirken. Privatinvestoren sollten besser Dingen selbst auf den Grund gehen, anstatt sich negativ von undifferenzierten Äusserungen beeinflussen zu lassen, die rein fachlich gesehen eher in den Bereich von Trivialliteratur oder Esoterik gehören.

Johannes Forthmann
Johannes Forthmann ist deutscher Wirtschaftswissenschaftler und Herausgeber des JF Research Newsletters. Einige der in diesem Artikel beschriebenen Analysen basieren auf eigenen Verfahren oder Datenquellen. Es wird keine Garantie für deren Richtigkeit übernommen. Copyright 2012.
Webseite: http://jf-research.com

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