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Plastiktüten: seid verschlungen ihr Millionen
von Hans Jörg Müllenmeister23.11.09 10:16:30
Bei den Teilchenphysikern gab’s gestern helle Begeisterung bis zum Entsetzen. Erneut ging in Genf die Urknall-Maschine LHC - der Teilchenbeschleuniger - in Betrieb. Droht uns jetzt ein selbsterzeugtes Schwarzes Loch zu verschlingen? Befürchtet wird es. Viel naheliegender ist aber die Frage: Drohen wir eher am eigenen Müll zu ersticken?
Die Bandbreite menschlichen Wahnsinns reicht bis in die Abgründe seiner Zerstörungswut. Hier angekommen, finden wir die Schuttberge unserer Wohlstandsgesellschaft.
Jährlich werden weltweit zwischen 500 Milliarden und einer Billion Plastiktüten erzeugt. Die Kosten, um eine Tonne Plastiktüten zu recyceln liegen bei 4.000 US-Dollar. Überall treiben diese Wohlstandstüten im Meer: Nördlich des Polarkreises in der Nähe von Spitzbergen, ebenso südlich der Falklandinseln. Diese Relikte verschmutzen weltweit unsere letzen Refugien. Mehr noch, denn alleine am Plastikmüll verenden qualvoll jährlich etwa eine Million Seevögel, Hunderttausende Meeressäuger, aber auch unzählige Fische und Schildkröten - sie fressen ihn oder verheddern sich darin.
1.600 Kilometer vor der Küste Kaliforniens treibt ein Strudel aus Kuststoffteilen: der sogenannte Große Nordpazifische Müllstrudel. Diese wassergetragene Müllhalde ist viermal so groß wie Deutschland und wiegt sagenhafte drei Millionen Tonnen; ein Gewicht vom Zehnfachen des Kölner Doms.
Wenn wir uns statt dessen wieder angewöhnen könnten, in Leinentaschen oder Körben einzukaufen, sparten wir in der Woche sechs Plastiktüten, im Monat 288 oder 22.176 Tüten in einem durchschnittlichen Menschenleben. Man hat ausgerechnet, wenn nur jeder Fünfte in USA da mitmacht, ließen sich allein in USA 1.330.560.000.000 Tüten einsparen.
In Bangladesch sind Einkaufstüten aus Plastik verboten. Botswana, Kanada, Kenia, Tansania, Südafrika, Taiwan und Singapur haben ihnen den Kampf angesagt und sind auf dem Weg sie zu verbieten. Irland belegte die Plastikgebilde sogar mit Steuern. Die erste Stadt in Amerika, die schon am 27.3.2002 das Tragplastik verbot, ist San Francisco.
Einkaufstüten sind aus Polyethylen und werden aus Erdöl gemacht. Ihre Verbrennung erzeugt toxische Gase. Auch China hat das Problem erkannt. Im Land der Mitte will man die Abhängigkeit von ausländischem Erdöl durch Verbot reduziert. Damit gedenkt man jährlich sieben Millionen Barrel Öl einzusparen.
Unsere Gesundheit und "Erdhygiene" sollte es uns wert sein, etwas auf Bequemlichkeit beim Einkauf zu verzichten. Das gute alte Leinensäckchen leistet auch gute Dienste. Packen wir’s aus - und das Plastik weg. Es ist möglich!
© Hans-Jörg Müllenmeister