GoldSeiten Blogs
« In drei Teufels Namen: Jod, Cäsium, PlutoniumVitamin D: das unterschätzte Hormontalent »

Radioaktivität: das unsichtbare Strahlenmonster

von Hans Jörg Müllenmeister24.03.11 08:34:38

Aufgeschreckt durch die furchtbare AKW-Katastrophe in Japan, erwachte das Tschernobyl-Monster wieder aus seiner Todesstarre im Sarkophag. Erneut rückten mögliche globale Strahlenfolgen ins Bewußtsein. Nein, die Menschheit hat die Radioaktivität nicht gebändigt, oft nicht einmal ihre Wirkung verstanden. Die Wahrscheinlichkeit für eine erneute Katastrophe apokalyptischen Ausmaßes ist ungleich Null, und damit latent.

Radioaktivität entzieht sich unseren Sinnen. Dafür fehlt uns der Sensus. Das erzeugt Angst. Die rasche Folge immer neuer Schreckensnachrichten, die um den Globus hasten, erzeugt zudem einen Abstumpfungseffekt.

Gewiß, Radioaktivität ist meßbar, aber vielen von uns sind die dargebotenen Meßwerte in Röntgen, Becquerel, Curie, Sievert oder Gray genau so unheimlich wie die Strahlung selbst. Was verbirgt sich z.B. hinter einer Strahlendosis von 1000 Milli-Sievert, wie schädlich ist diese für unseren Körper? Das sind z.B. Fragen, die wir uns stellen. Und was ist normal. Wieviel ist schädlich?

Ein Erbe unseres Planeten ist die natürliche Radioaktivität. Permanent bestrahlt uns die Höhenstrahlung aus dem Weltall. Die Atemluft enthält das radioaktive Edelgas Radon-222, meist angedockt an Aerosolen. Und unsere Nahrung? Wir nehmen z.B. Kalium auf: ein Gemisch aus den drei Isotopen K-39, K-41 und das radioaktive K-40 mit nur etwa 0,012% Masseanteil. Das alles sind gleiche Atome, die sich nur durch die Anzahl ihrer Neutronen im Kern unterscheiden. Stellen Sie sich diese drei Isotope wie Drillingsbrüder vor. Nur das Isotop Kalium-40 ist radioaktiv. Im Gegensatz zu seinen stabilen nichtstrahlenden Atom-Brüdern hat K-40 eine extreme Halbwertszeit von 1,28 Milliarden Jahren, d.h. nach dieser Zeit ist erst die Hälfte einer anfänglich vorhandenen Anzahl Kerne zerfallen. Aus Zeitgründen sollten Sie das nicht nachprüfen.

Das Becquerel
Nach der Nahrungsaufnahme bestrahlt uns innerlich der Anteil aus Kalium-40: In jeder Sekunde zerfallen in unserem Körper etwa 5000 Kalium-40-Atomkerne; dabei senden sie Energie in Form von Beta- und Gamma-Strahlen aus. Machen wir daran die Meßeinheit Becquerel Bq fest: es sind die Teilchen-Zerfalle in einer Sekunde. Wenn 5000 Atomkerne pro Sekunde zerfallen, dann sind das im Beispiel 5000 Becquerel. Die früher benutzte Einheit für die Radioaktivität heißt Curie Ci, zu Ehren der Nobelpreisträgerin Madame Curie (1 Ci = 37 Milliarden Bq; 37 Bq = 1 Nano-Curie). Auch im Boden tragen mehrere Radionuklide zur natürlichen Radioaktivität bei: 1 kg Erde hat im Mittel eine Aktivität von einigen hundert Bq.

Die bisherige künstliche Radioaktivität unserer Umwelt stammt aus den Kernwaffenversuchen der 60er Jahre; sie lässt strahlend grüßen, auch die des Reaktorunfalls Tschernobyl, ferner die aus den Kriegen in Irak, Kosovo und Afghanistan, aber auch die aus der Industrie, Medizin und Forschung. Nach dem Reaktorunfall in Tschernobyl reicherte sich z.B. in Röhrenpilzen oder im Wildfleisch radioaktives Cäsium-134 und Cäsium-137 an. Bis zum heutigen Tag ist das meßbar.

Zerfallsarten
Wenn Radionuklide zerfallen, werden Teilchen mit hoher Geschwindigkeit ausgesandt. Sie ionisieren das umgebende Material und werden dabei abgebremst. Zerfallsarten sind der Alpha- und der Beta-Zerfall. Dabei sendet der Atomkern oft auch Gamma-Strahlung aus. Diese Zerfallsarten haben unterschiedliche Gefährlichkeit.

Was ist ein Alpha-Zerfall? Da schleudert der zerfallende Kern Alpha-Teilchen heraus. Das sind Heliumkerne, die jeweils aus zwei Protonen und zwei Neutronen bestehen. Alpha-Strahlung hat in Luft eine Reichweite von einigen Zentimetern, sie durchdringt aber kaum die menschliche Haut. Doch Vorsicht: eingeatmete Alpha-Teilchen zerstören das Lungengewebe. Alpha-Strahlung entsteht z.B. beim Zerfall von Radon-222, Uran-238 und Plutonium-239.

Beim durchdringenderen Beta-Zerfall mit Beta-Teilchen wird ein Elektron aus dem zerfallenden Kern herausgeschleudert. Die Beta-Strahlung hat in Luft eine Reichweite von Metern. Sie wirkt wie ein Steckschuß im Körper und entsteht z.B. beim Zerfall Kohlenstoff-14, Kalium-40, Strontium-90 und Cäsium-134 oder -137.

Bei einem Alpha- oder Beta-Zerfall entsteht oft auch Gamma-Strahlung. Das ist elektromagnetische Strahlung wie die Röntgenstrahlung oder der UV-Anteil des Sonnenlichts. Gamma-Strahlung durchdringt Materie wie ein glatter Durchschuß - um im Bild zu bleiben. Bei hoher Energie durchdringt Gammastrahlung hunderte von Metern Luft, menschliches Gewebe bis zu etwa einem Meter. Gamma-Strahlung wird z.B. bei den Beta-Zerfällen von Kalium-40 und Cäsium-134 ausgesandt, aber auch beim Alpha-Zerfall von Uran-238.

Strahlenschutz und Strahlenschäden
Wie schützen wir uns vor diesen Strahlungen? Durch einen ausreichenden Abstand von der Strahlenquelle oder wir schirmen die Strahlung ab. Für das Abschirmen von Alpha- und Beta-Strahlung genügen relativ dünne Materialschichten aus Papier oder Aluminiumblech. Alpha-Strahlung durchdringt kaum die Haut. Für das Abschirmen von Beta-Strahlung genügt bereits die Kleidung, für die Augen eine Brille. Zur Abschwächung von Gamma-Strahlung wird dickes und schweres Material wie Beton oder Blei benötigt.

Wirkt die Energie der Alpha-, Beta- und Gamma-Strahlung auf Atome und Moleküle lebender Zellen ein, können Bindungen aufbrechen und die Chemie kann sich verändern; Zell- und Organstrukturen erleiden gesundheitliche Schäden. Es können Akutschäden, Spätschäden und Erbschäden, also genetische Veränderungen entstehen. Will man das gesundheitliche biologische Strahlenrisiko beurteilen, muss man eine Organdosis einführen. Sie ist maßgebend für Akutschäden - aber auch eine effektive Dosis - bezüglich Krebs und genetische Schäden.

Biologische Dosis
Ausgangspunkt für die Organ- und für die effektive Dosis ist die Energieabgabe der Strahlung pro kg Masse, etwa an Geweben oder an ein Organ. Die übertragene Energie ist physikalisch meßbar; sie lässt sich mit Dosimetern bestimmen. Für die biologische Schädigung ist vor allem entscheidend, ob die durchdringende Strahlung das Gewebe stark oder weniger stark ionisiert. Diese Ionisationsdichte ist bei Alpha-Strahlung grösser als bei Beta- und Gamma-Strahlung, selbst bei gleicher Energieabgabe. Man beschreibt diese Unterschiede der Strahlenarten mit einem Zahlenfaktor: die übertragene Energie wird für jede Strahlenart mit dem ihr zugehörigen Faktor gewichtet. Röntgen- und Gammastrahlung dienen als Referenz, ihren Wichtungsfaktor setzt man gleich Eins. Für die Alpha-Strahlung ist dieser Faktor bis zwanzigmal größer.

Wirkung ionisierender Strahlung auf den Menschen
Multipliziert man die Energieabgabe pro kg an ein Organ mit dem Wichtungsfaktor der einwirkenden Strahlenart, so erhält man den Dosiswert an Gamma-Strahlung, der die gleiche Organschädigung bewirkt wie die Strahlenart, der das Organ tatsächlich ausgesetzt war. Ein derartiger Dosiswert berücksichtigt also die dem Gewebe übertragene Energie und außerdem die unterschiedliche biologische Wirkung verschiedener Strahlenarten.

Die Masseinheit für die Organdosis und die effektive Dosis ist das Sievert Sv. Verwirrend: In der Nuklear-Medizin wird als Einheit das Gray benutzt, das auch 1 Sievert entspricht. Für Gamma- und Beta-Strahlung gilt: 1 Sv = 1 Joule/kg. Das ist also eine Energie von 1 Joule, bezogen auf die Masse von 1 kg. Für andere Strahlenarten wird bei gleicher Energieabgabe der Dosiswert in Sievert um den Wichtungsfaktor der Strahlenart grösser als für die Gamma-Strahlung. Kleine Dosen werden in Millisievert (mSv) angegeben; 1 Sv entspricht 1000 mSv. Früher gebrauchte man die Einheit rem; als Umrechnung gilt: 1 Sv = 100 rem. Kurz: eine angegebene Strahlendosis in Sievert berücksichtigt also die dem Gewebe übertragene Energie und außerdem die unterschiedliche biologische Wirkung der Strahlenarten.

Akutschäden
Akutschäden an einem Organ entstehen nur, wenn die Organdosis einen gewissen Schwellenwert übersteigt. Dieser beträgt bei kurzzeitiger Bestrahlung über Stunden etwa 0,5 Sv für sensible Organe. Wird indes eine Dosis über Tage oder Wochen verteilt, dann liegt die Schwellendosis höher. Eine Trübung der Augenlinse kann beispielsweise bei kurzfristiger Bestrahlung ab etwa 2 Sv beginnen; bei langfristiger Bestrahlung tritt dies erst bei rund 10 Sv auf - aufgenommen über Jahrzehnte.

Ist der ganze Körper von der Strahlung betroffen, verändert sich das Blutbild, später kommt es zu Übelkeit und Erbrechen. Bei kurzzeitiger Bestrahlung durch Gamma-Strahlung mit etwa 5 Sv erkranken alle Betroffenen, etwa 50% davon nehmen einen tödlichen Verlauf. 8 Sv führen höchstwahrscheinlich zum Tode. Keimendes Leben und Kinder sind strahlenempfindlicher als Erwachsene - wegen der höheren Teilungsrate der Zellen. Bei hohen Dosen können später auch noch Krebs und Erbschäden auftreten.

Spätschäden
Die Wahrscheinlichkeit für einen Spätschaden wird mit zunehmender Dosis grösser. Man kann aber nicht sagen, dass eine Dosis bis zu einem bestimmten Wert ungefährlich sei, darüber aber plötzlich gefährlich. Der Körper vergißt keine Strahleneinwirkung, er addiert alle im Laufe der Zeit aufgenommenen Dosen zu einer Gesamtdosis. Krebs und Erbschäden können auch durch kleine Dosen entstehen. Die Dosis gibt an, wie gross die Wahrscheinlichkeit dafür ist.

Umgang mit dem Geigerzähler
Hat die Messung mit einem Geigerzähler für den Laien eine Aussagekraft? Nun, ein einfaches Geiger-Müller-Zählrohr registriert unbewertet nur die Anzahl der eintreffenden Impulse. Die unterschiedliche Ionisierungsfähigkeit im Gewebe und kinetische Energie von z. B. Alpha- und Betastrahlung bleibt unberücksichtigt. Zunächst erschrickt der Unkundige, weil sein Geigerzähler stets eine Impulsrate anzeigt. Das ist aber die immer vorhandene Hintergrundstrahlung. Diese kosmische Strahlung ist eine hochenergetische Gammastrahlung, sie muss man vom Meßergebnis abziehen. Mit einem einfachen „Filtertrick“ vor dem Zählrohr lässt sich der Geigerzähler auf die Strahlungsart einstellen: bereits ein Karton genügt, um die Alphastrahlung abzublocken. Man misst dann die Beta- und Gammastrahlung. Ein zwei Millimeter dickes Aluminiumblech blockt die Beta- und Alphastrahlung ab. Gemessen wird dann reinrassig die Gammastrahlung. Mit einem einfachen Geigerzähler lässt sich sehr wohl eine vorhandene künstliche Radioaktivität feststellen.

Haben wir doch Sinne für die Radioaktivität?
Kaum zu glauben, aber eine starke Röntgenstrahlung ist im abgedunkelten Raum als schwacher, blaugrauer Schein wahrzunehmen. Das Wissen darum ist vergessen. Der gute alte Vater Röntgen hätte Ihnen das bestätigen können. Vermutlich funktioniert diese Erregung auf den Sehnerv durch eine Phosphoreszenz im Augapfel. Und dass die Liquidatoren, die selbst ernannten biologischen Roboter in Tschernobyl, wegen des Ernstes der Lage wahrlich kein Blech redeten, als sie durch die starke Strahlung einen metallischen Geschmack im Mund vorgaben, auch das ist dokumentiert.

Schnüren Sie bald Ihr Überlebenspaket. Neben einer Handvoll Gold- und Silbermünzen, je ein Glas kolloidales Silber und Natriumchlorit, eine Tüte Bittermandeln, eine Dose Basenpulver, einer Tinktur Strophanthin, eine Schachtel Vitamin D, dehydrierte Nahrung, Sauerkraut, ausreichend Kerzen und eine gute Lektüre. Altruistisch wie ich bin, empfehle ich Ihnen mein Buch „Erlebtes Universum“. Genießen Sie es im Schein des Kerzenlichts. Darin steckt übrigens viel Spannendes, auch zum Thema Radioaktivität und Co.

© Hans-Jörg Müllenmeister