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Letztes Rennen der toten Pferde
von Freigeist Rüdiger vom Weisenstein 16.02.11 16:22:45
Wie immer herrscht bereits eine ganze Weile vor dem Startschuß nervöse Spannung auf der Galopprennbahn. Dabei geht es heute nicht um irgendein Rennen in der Provinz, sondern um das Schlußrennen für den Großen Preis der internationalen Weltleitwährung. Viele Pferde sehen schon ziemlich mitgenommen aus und machen teilweise einen erbärmlichen Eindruck. Sie haben sich bereits in den Vorrennen völlig verausgabt.
Die diesmaligen Favoriten in den Startboxen sind die Jockeys Bernie auf Dollar sowie Trichy auf Euro. Alle anderen sind mehr oder weniger Außenseiter ohne reale Chance auf den begehrten Titel.
Auch diesmal dominiert der steinreiche Geldadel wieder unter den zahlreichen Zuschauern. Nahezu jeder hat einen Wettschein in der Hand und die Wettbüros freuen sich über einen Spitzenumsatz. Einige haben riesige Summen auf ihren jeweiligen Favoriten gesetzt, in der festen Überzeugung, den Sieger zu kennen. Die Wettquote für den Spitzenreiter Dollar steht bei mageren 1,35 bei Setzen auf Sieg. Kein Wunder, in den vorausgegangenen Abwertungsrennen hat der Rennstall Greenback absolut überzeugt und stets hervorragend abgeschnitten. Diesmal geht es jedoch nicht um einen kurzen Sprint, sondern um langfristiges Durchhaltevermögen.
Auf der Ehrentribüne haben bereits prominente Politiker Platz genommen und werden von Journalisten umringt. Als Schirmherrin des Rennens hat die Bundeskanzlerin das erste Wort: „Unser Euro ist doch sehr viel erfolgreicher als es unser übergewichtiger deutscher Hengst Marc selbst in seinen besten Zeiten je war“. Der Mann neben ihr im Rollstuhl pflichtet ihr bei und säuselt: „Wir müssen nur noch bis zum großen Sieg so richtig die Zügel lockerlassen, dann kann eigentlich gar nichts mehr schiefgehen.“
Auch die Opposition kommt zu Wort. Parteichef Siggi stellt klar: „Auch wir sind ganz besonders stolz auf unser Gestüt Europa. Wir sehen darin ein Leuchtturmprojekt für die Einhaltung strengster Umwelt-Richtlinien. So hat Europa beispielsweise schon heute sämtliche Glühbirnen aus allen Stallungen verbannt und durch Energiesparlampen ersetzt. Deshalb tragen alle Pferde aus dem Stall Europa das EU-Ökolabel.“
Auch zahlreiche Präsidenten anderer Länder kommen zu Wort und präsentieren Ihre Einschätzungen der internationalen Presse.
Einige Journalisten berichten von Gerüchten über Manipulationen, über die bereits in den letzten Tagen heftig spekuliert wurde. Der betreuende Tierarzt von Euro wollte angeblich die Verabreichung illegaler Medikamente nicht länger mittragen. Er wurde daraufhin vom Direktorium des Rennstalls zum Rücktritt gedrängt. In Fachkreisen herrscht jedoch die Einschätzung, daß auch der Rennstall Greenback mit unsauberen Methoden arbeitet. Dies wirft natürlich kein gutes Licht auf das Rennen und erinnert fatal an die Tour de Farce im Radsport.
Wir schalten nun Live zu unserem Reporter direkt vor Ort:
„Herzlich Willkommen bei unserer Live-Berichterstattung vom Großen Preis des IWW. Die Pferde stehen aufgeregt in ihren Startboxen. Soeben fällt bereits der Startschuß. Euro legt einen glänzenden Start hin, dicht gefolgt von Dollar. Dahinter das übrige Feld. Aber Dollar holt auf und setzt sich deutlich an die Spitze. Euro, an zweiter Stelle, versucht den Anschluß zu halten. Dollar kann das hohe Tempo nicht länger durchhalten und Euro setzt sich wieder an die Spitze. Uns erwartet ein spannendes Kopf-an-Kopf-Rennen.
Doch was ist das? Aus dem Feld tauchen zwei weitgehend unbekannte Pferde auf, die kaum einer der vielen Experten auf seiner Rechnung hatte. Lassen Sie mich später kurz in die Startliste sehen. Startnummer 13 und Nummer 17 lassen doch tatsächlich die müde wirkenden Favoriten hinter sich. Es ist unglaublich, welche Reserven in diesen beiden durchtrainierten Pferden stecken.
Ein plötzlicher Aufschrei geht durch die Menschenmenge. Ich traue meinen Augen nicht. Dollar strauchelt. Bernie kann sich nicht im Sattel halten. Pferd und Reiter stürzen. Euro, gleich dahinter, kann nicht ausweichen, stürzt über Dollar und bleibt reglos auf dem aufgewühlten Boden liegen. Auch das große Feld der übrigen Pferde kann nicht mehr rechtzeitig stoppen. Welch schrecklicher Anblick. Ein unvorstellbar grauenhafter Unfall.
Umgehend eilen die Rettungskräfte zu Hilfe. Sirenen heulen und auf den Anzeigetafeln verkünden rote Alarmsignale den Abbruch des Rennens.
Startnummer 13 und Startnummer 17 lagen weit vorne und waren bereits kurz vor dem Zieleinlauf. Keiner hätte ihnen den Sieg noch streitig machen können. Doch nun hat anscheinend die Rennleitung einen vorzeitigen Abbruch des Rennens verfügt. Ganz sicher die richtige Entscheidung nach dieser Tragödie. Startnummer 13 – Silberpfeil und Startnummer 17 – Goldrausch werden dafür sicher Verständnis haben.
Wir beenden nun unsere Live-Übertragung um den Rettungskräften Platz zu machen. Natürlich hoffen wir, daß die Folgen nicht ganz so verheerend sein werden, wie es in den ersten schrecklichen Minuten den Anschein hatte. Über Einzelheiten und Hintergründe dieser Tragödie berichten wir in der nachfolgenden Sondersendung.“
Ihr Sportreporter Rüdiger vom Weisenstein
eMail: Ruediger@silbertaler.eu
11 Kommentare
Antwort Ruediger: Leider mit sehr ernstem Hintergrund.
wie können gold und silber so ein rennen gewinnen? da scheint was unlogisch: hat der Autor plötzlich die Regeln gewechselt?
Gold und Silber werten am besten ab?
kann ich nicht mehr folgen.
Antwort Rüdiger: Der Titel sollte die ganze Widersprüchlichkeit in der öffentlichen Debatte aufzeigen. Ich hatte das im Kontext zu den offiziellen Verlautbarungen gesehen. Der Euro wird als starke und stabile Währung angepriesen und tatsächlich verfolgt man ganz andere Ziele. Jedoch ist offensichtlich, daß Gelddrucken=Inflation zu steigenden Preisen führt. Gold und Silber gehen als die wahren Sieger durch das vorgegebene Ziel der Preisstabilität.
Aber Danke für die Rückmeldung! Ich habe nun ein besseres Motto gefunden.
Das Ende habe ich bewußt offen gehalten. Wie geht es nach dem Abbruch weiter?
Antwort Rüdiger: Danke, sehr gute Variante!
dieses Rennen ist schon sehr realistisch geschildert. Nur vermisse ich leider noch 2 weitere Pferdchen, die keinesfalls in diesem Rennen ungenannt bleiben dürfen: Der alte Gaul aus Rußland und das neue Pferd aus China. Ich hoffe, beim nächsten Rennen werden werden sie vom rasenden Reporter erwähnt.
Antwort Rüdiger: Absolut richtig! Die ganze Geschichte ist grob vereinfacht.
Es geht mir hier um eine Metapher und ich wollte mich dabei nicht zu allzu sehr in Einzelheiten verlieren. Aber gerade in der schlichten Einfachheit zeigt sich oft die Klarheit und Wahrheit. Wer meint, die Geldpolitik wäre nur den Gelehrten vorbehalten, ist auf dem falschen Dampfer. Die deutsche Bevölkerung hat dieses Spiel hoffentlich inzwischen durchschaut.
Man ist nicht unbedingt bösartig - aber warum muß man bei solchen Geschichten ständig schadenfroh grinsen?
Aber: Gerade habe ich diesen wunderbar-amüsanten, mir aus der Seele sprechenden Beitrag gelesen.
Ein Lob geht noch, ein Lob geht noch rein!
Die Rennleitung findet den unglaublichen Verdacht bestätigt, dass gewisse Elemente die beiden Favoriten sabotiert haben.
Die Schuldigen sind schnell ausgemacht und anhand der Wettscheine schnell lokalisiert, was den Zugriff der Sicherheitskräfte stark vereinfacht.
Bei der eingehenden Überprüfung dieser Subjekte stellt sich heraus, dass es sich zum einen Teil um Fanatiker und Verschwörungtheoretiker, zum anderen um schamlose Krisengewinnler handelt. Beiden ist gemein, dass sie durch ihr Handeln die Wirtschaftsordnung und die Staatsmacht sabotieren und damit diskreditieren. Dabei sollte der Wohlstand der friedliebenden und werktätigen Bevölkerung abgeschöpf und ins eigene Säckel umgeleitet werden.
Erbost und spontan beschließt man alle Ställe miteinander zu fusionieren, damit eine Wiederholung einer solche Lumperei von vorneherein ausgeschlossen werden kann.
Deren Pferd wird natürlich dem eigenen Stall einverleibt und im heimatlichen Park ausgeführt oder zur Beaufsichtigung der Masse vor den eigenen Karren gespannt - die ist zwar friedliebend, aber auch faul und muß immer wieder beim Bau des gemeinsamen Hauses angetrieben werden. Sonst käme man ja zum Nachdenken...
Antwort Rüdiger: ... die Gedanken sind frei! Aber sollte es nicht "verschworene Finanzabzocker" heißen anstelle "Verschwörungstheoretiker". Oder etwa "elitäre Finanzakrobaten und deren politische Interessenvertreter".
Wie Herr Huckebein vermisse ich im Feld aber auch den mitfavorisierten, genetisch kopierten Yuan-Trakhener "Renminbi" mit der roten Startnummer 49 aus dem Rennstall "1.Oktober" und als Außenseiter mit Siegeschancen den sibirischen Langläufer "Rubel" aus dem kombinierten Rennstall "Sibneft-Gasprom", Startnummer die weiß-blau-rote 01.
Oder wurden "Renminbi" und "Rubel" nach positiven Doping-Proben auf devaluierendes Testosteron von der Teilnahme ausgechlossen ?
"Dollar" war doch auch QE3 gedopt ?
Gab es da keine Probe ?
Hier müssen aber unbedingt noch windige Veterinäre her, die heimlich mit unerlaubten Mitteln ihre Gäule unter Dampf setzen. Das wäre doch eine treffliche Metapher für das Dopen der Finanzmärkte, euphemistisch auch "quantitative easing" genannt.