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Stauffenberg mußte scheitern

von Wolfgang Arnold03.07.15 14:34:04

In weniger als drei Wochen ist der 20. Juli. Vor 71 Jahren explodierte um 12:42 Uhr in der Wolfsschanze die Bombe unter dem Kartentisch. Stauffenberg hatte sie dort deponiert, flog im Eiltempo nach Berlin, wo unter Generaloberst Beck die "Operation Walküre" anlaufen sollte.

Vergeblich. Hitler hatte nur ein paar Schrammen und zeigte sich den Deutschen des besseren Eindrucks halber mit Arm in der Binde.
Die "Operation Walküre" war gescheitert. Wenige Minuten nach Mitternacht vom 20. auf den 21. Juli wurden Claus Schenk Graf von Stauffenberg, sein Adjudant Werner von Haeften, General Friedrich Olbricht und der Chef des Stabes im Allgemeinen Heeresamt Mertz von Quirnheim im Hof des Bendlerblocks erschossen. Die weiteren am Attentat Beteiligten und Mitwisser wurden verhaftet und später hingerichtet.

Am 21. Juli 1944 meldete die angloamerikanische Presse über das Attentat:

Eine Bande von Verbrechern hat ein Attentat auf Hitler verübt. Der zum Glück unversehrt gebliebene Führer konnte den Putsch der heimtückischen Verschwörer vereiteln, die versucht hatten, ihn umzubringen. Die Hinrichtung der verhafteten Vaterlandsverräter wird bald stattfinden.

Nein, diese Meldung stammt nicht aus dem Völkischen Beobachter. Sie gab vielmehr die einhellige Ansicht der alliierten Kriegsführung wieder: die Nazis, so ließ Churchill verlautbaren, hätten ihnen nur die Arbeit abgenommen; die Alliieren hätten mit den Verschwörern ebenfalls abrechnen müssen, auch sie waren ihre Feinde, und der Krieg mußte weitergehen. Weshalb?

Angenommen Hitler wäre Mitten im Sommer 1944 getötet worden, ein breites Bündnis quer durch das Militär und die zivile Verwaltung hätte auf zum bevorstehenden Ende der Kampfhandlungen und die Alliierten zu Waffenstillstandsverhandlungen aufgerufen. Alle Wehrmachtsverbände standen zu diesem Zeitpunkt noch außerhalb der Grenzen des deutschen Reiches. Das von Großbritannien eifersüchtig gehütete Gleichgewicht auf dem Kontinent wäre aus der Waagschale geworfen worden. Die amerikanischen Truppen an den Stränden der Normandie wären nicht mehr zum Einsatz gekommen. Die Sowjets hätten nicht auf die Länder Osteuropas zugreifen können. Polen, Ungarn, Bulgarien, die Tschechei, Rumänien und das Baltikum wären nicht unter Stalins Joch gefallen. Das lag nicht im Interesse der Alliierten. Es lag vielmehr in deren Interesse, die Elite des "anderen Deutschlands" - es waren einige Hundert - durch die Säuberung nach dem Attentat beseitigt zu wissen. Als der zivile Führer des 20. Juli Carl Friedrich Goedeler bereits im März 1938 mit den Alliierten Kontakt aufnahm, bezichtigte ihn der Erste Ratgeber des britischen Außenministers, Robert Vansittart, des Verrats. (Wolfgang Eggert im Kommentar zum Stauffenberg-Film)

Adam von Trott zu Solz - von Beginn an ein Gegner des nationalsozialistischen Regimes - setzte sich spätestens seit 1939 nachweisbar für dessen Sturz ein. Am Rande einer Konferenz in Washington mühte er sich, Präsident Roosevelt zur Unterstützung des anderen Deutschland zu gewinnen. Vergeblich. Ab 1942 gab es mehrere Versuche des Kreisauer Kreises unter Helmuth James Graf von Moltke, den Alliierten deutlich zu machen, daß es neben den Nazis ein anderes Deutschland gab. Das stieß bei Chamberlain auf "eisige" Reaktion.

Vermutlich hätten die Männer um Stauffenberg ihre Tat niemals gestartet, wären ihnen die tatsächlichen Kriegsziele der Alliierten bekannt gewesen. Sowohl Stalin wie Roosevelt waren sich einig, den "nationalsozialistischen Popanz" zu nutzen, um die Welt unter sich aufzuteilen. Hinter beiden standen ganz andere Kräfte mit weitergehenden Absichten. Beiden Staatsführern war auch klar, daß die "Verschwörung der Generale" - Herald Tribune und London Times sprachen auch vom "Widerstand der Junker" -, keinen Erfolg haben durfte, weil erst nach der in Casablanca gemeinsam beschlossenen bedingungslosen Kapitualation des deutschen Militärs die anvisierte reiche Beute eingefahren werden konnte. Churchill sagte unmißverständlich, was hinter den Zielen der britischen Führung stand:

Deutschland wird nicht besetzt zum Zwecke seiner Befreiung, sondern als ein besiegter Feindstaat. Ziel ist ... die Besetzung Deutschlands, um gewisse wichtige alliierte Absichten zu verwirklichen.

Die nach dem Krieg verbreitete These, es habe in Deutschland keinen Widerstand gegeben, alle Deutschen seien von Grund auf Verbrecher und seien durch ein breit angelegtes Umerziehungsprogramm (bereits 1943 beschlossen) ein für alle Mal ihrer kriegstreiberischen Veranlagungen zu "berauben".

Es hat lange gedauert, bis Eugen Gerstenmaier (Bundestagspräsident von 1954 bis 1969) den Wahrheitsgehalt dessen erkannte, was Churchill 1940 als Absicht der Alliierten postulierte:

Der Feind ist das Deutsche Reich und nicht etwa der Nazismus, und diejenigen, die das bislang noch nicht begriffen haben, haben überhaupt nichts begriffen.

Alle Bemühungen hartnäckiger Widerständler um Friedenbemühungen wurden laut Churchill kalt abgelehnt:

Wir haben mehr als genug von Leuten wie Dahlerus, Goerdeler, Weißauer und Konsorten.

Als Stauffenberg, verunsichert, ob nach der Landung der Alliierten in der Normandie bei seinem engen Vertrauten Henning von Tresckow nachfragen ließ, ob die "Operation Walküre" nicht abgebrochen werden sollte, erhielt er durch von Tresckow die eindeutige Antwort:
Das Attentat muß erfolgen, coûte que coûte. Sollte es nicht gelingen, so muß trotzdem in Berlin gehandelt werden. Denn es kommt nicht mehr auf den praktischen Zweck an, sondern darauf, daß die deutsche Widerstandsbewegung vor der Welt und vor der Geschichte unter Einsatz des Lebens den entscheidenden Wurf gewagt hat. Alles andere ist daneben gleichgültig.

Zwischen dem 20. Juli 1944 und dem 8. Mai 1945 ließen 10 Millionen weitere Soldaten und Zivilisten auf dem europäischen Kriegsschauplatz ihr Leben.

Hier weiter: Warum "Walküre" scheitern mußte.

3 Kommentare

Kommentar from: Katholik [Besucher]
Für das angegebene Zitat aus der Feindpresse vom 21. Juli 1944 hätte ich gern eine Quellenangabe. Vielen Dank.

@ Katholik
Siehe Wolfgang Eggert: Die Welt ist nicht genug
Rothfels, Hans. The German Opposition to Hitler: An Appraisal, Hinsdale/Ill.: H. Regnery Co 1948, Seite 160f. Bezug auf New York Times vom 9. August 1944 sowie Diese ´Verbrecher´, die dem Krieg ein Ende setzen wollten, Artikel in der „Civiltà Cattolica“, von Giovanni S. Interview: Davide Malacaria, 2003
Klemperer, Klemens von. German Resistance Against Hitler: The Search for Allies Abroad: 1938-1945. New York: Clarendon Press/ London:Oxford University Press 1992, Seite 386
03.07.15 @ 16:05
Kommentar from: stepahm [Besucher]
*****
Die Zeiten haben sich geändert ,geändert hat sich jedoch nichts. Die handelnden Personen,heute in Kostümen,Hosenanzug,Edelanzüge. Was Hitler zum Teil erreichte ist heute mit der Verbrechenswährung Euro gelungen. Die Versklavung der Menschheit mit den bekannten Strippenziehern im Hintergrund. Die BRD Gmbh an vorderster Front. Das mit dem Krieg gegen unsere russischen Freunde ist bereits in Vorbereitung. Welcher inzenierte Anlass wird diesmal dafür genutzt?
03.07.15 @ 21:32
Kommentar from: mongole [Besucher]
*****
Ja, was man immer schon ahnte oder wusste - heute darf man es öffentlich sagen, ohne dafür in den Knast zu kommen, weil es ohnehin schon zu spät ist.
Ich habe allerdings auch den Link zu 'Walküre' geöffnet und war einigermaßen empört über den dummdreisten Satz: 'Warum sollte im profanen Bereich nicht gelingen, was das Christentum über zwei Jahrtausende erfolgreich praktiziert hat, nämlich die Menschen durch den Glauben an die Erbsünde und durch ein schlechtes Gewissen gefügig zu machen.' - Hier wird doch dämlichster Marxismus verbreitet. Wann oder wozu hätte die Kirche die Menschen 'gefügig gemacht'? Sie hat ihnen eine religiöse Botschaft interpretiert und sonst nichts. Wer nicht an die Erbsünde glaubt, der hat sich nie mit Religionsphilophie beschäftigt, was er nicht muss, aber dann hat er auch seinen Mund zu halten. Wer daran nicht glaubt, der glaubt auch nicht an ein Totengericht und kann daher auf jedwedes Gewissen verzichten. Nein, danke! Hier werden logische Purzelbäume geschlagen, denn es sind gerade die Juden, die an keine Erbsünde glauben. Wenn der Autor das für richtig hält, dann haben wir wohl zu Recht unsere Zahlungen geleistet, oder was?

03.07.15 @ 23:24

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