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Portugal ersäuft im Fett des Staatsapparats
von Wolfgang Prabel 30.09.13 18:52:55
Die portugiesische Wirtschaft verfügt über einen nennenswerten industriellen Sektor. Er erzeugt einschließlich des Bauwesens 23 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Weitere 2 % trägt die Landwirtschaft bei. 8 % des BIP bringt der Tourismus. 67 % des BIP sind sonstige Dienstleistungen.
Entsprechend ist das Außenhandelsdefizit nicht so exorbitant hoch wie in Griechenland oder Zypern, wo es nach wie vor lichterloh brennt. Der portugiesische Export stieg von 27,1 Mrd. € von Januar bis Juli 2012 auf 28,1 Mrd. € Januar bis Juli 2013. Die Importe betrugen in beiden Vergleichszeiträumen 33 Mrd. €. Das Außenhandelsdefizit sank also von 5,9 auf 4,9 Mrd. €. Bei den Dienstleistungen erwirtschaftete Portugal in beiden Zeiträumen einen Überschuß, der vor allem aus den Reisedienstleistungen resultiert. Dieser Überschuß betrug von Januar bis Juli 2013 5,2 Mrd. €. Die Leistungsbilanz ist also neutral.
Der Vergleich mit Griechenland und Zypern zeigt eine ungleich stärkere industrielle Basis in Portugal und pro Kopf mehr als doppelt so hohe Exporte.
Das portugiesische Problem resultiert also nicht aus der wirtschaftlichen Basis, sondern aus dem überfetteten Staatsapparat. So lagen im ersten Quartal 2013 die Einnahmen des Staats bei 39 % des BIP, die Ausgaben bei 49,6 % des BIP. Die Staatsverschuldung hat sich entsprechend auf 127 % des BIP Ende März 2013 entwickelt, mittlerweile dürften 130 % locker überschritten sein. Der Schuldendienst für die Staatsschuld beträgt 4,8 % des BIP. Da ein guter Teil der Zinsen an ausländische Anleihenhalter zu bezahlen ist, erleidet die portugiesische Wirtschaft einen permanenten Aderlaß. Zum Beispiel halten acht deutsche Großbanken etwa 3,46 Mrd. € portugiesische Staatsschulden. Die Zinszahlungen dafür sind das Gegenteil, was sich Lord Keynes zur Wirtschaftsankurbelung vorgestellt hat.
Alle Versuche der Regierung, die überbordende Bürokratie zu beschneiden scheiterten vor dem portugiesischen Verfassungsgericht. Die Regierung wollte beispielsweise das 14. Monatsgehalt der Beamten abschaffen und wurde in die juristischen Schranken gewiesen. So ging es auch mit dem Kündigungsschutz für die 600.000 Staatsdiener. Die Verfassungsrichter blockieren jegliche Beschneidung des Beamtenapparats und verbunden damit auch die Erholung der portugiesischen Wirtschaft und der Arbeitsmöglichkeiten (Das Wort Arbeitsmarkt wäre in Portugal ein Witz). Was ist das für ein in die Hose gegangener pervertierter Sozialismus mit 14 Monatsgehältern für Staatsangestellte? Die Beamtenparteien sagen der Gesellschaft: Steht auf, damit wir uns setzen können.
Portugal hat kein wirtschaftliches Problem, sondern bürokratische, politische und juristische Schwierigkeiten.
Diese politischen Schwierigkeiten, die von der sozialistischen, grünen und kommunistischen Opposition durch die widerholte Anrufung des Verfassungsgerichts hervorgerufen wurden, führen zur Verunsicherung der in- und ausländischen Investoren. 2011 betrugen die ausländischen Direktinvestitionen nach Abzug der Abschreibungen noch 8 Mrd. €. Im ersten Halbjahr 2013 sind sie auf minus 614 Mio € gefallen, das heißt daß am Kapitalstock gezehrt wird. Das spiegelt sich auch in einer leicht sinkenden Industrieproduktion und steigenden Arbeitslosenzahlen wider.
An Portugal sieht man: Die Lohnstückkosten sind wichtig, aber sie entscheiden nicht alles. Wenn die Bürokratien und die Medien immer nur auf den Löhnen der produktiv Beschäftigten herumreiten, dann tun sie das vor allem um die Privilegien der Politiker und Beamten zu retten. Was man den Arbeitern über höhere Steuern und geringere Löhne wegnimmt, kann man den Staatsdienern auf dem silbernen Tablett bescheren. Nur deshalb interessieren sich die Bürokraten und ihre Presstituierten für die Produktivität und die Lohnstückkosten. Ihr Urteil: Die Produktivität ist zu gering, die Kosten zu hoch. Dieses Interesse der Bürokratie, der Banken und der Medien an den Löhnen der Industriebeschäftigten hat egomanische und abartige Motive.
Es gibt immer unterschiedliche Wege ein Problem zu lösen. Statt die Löhne in Industrie, Landwirtschaft und Tourismus immer weiter zu senken, könnte man diese Talfahrt irgendwann auf einem vernünftigen Niveau stoppen und die Bürokratie energisch zurückschneiden, um gesamtwirtschaftlich Kosten zu sparen.
Was man dem nimmersatten Staat wegnimmt, bleibt für die produktiven Wirtschaftszweige übrig und führt dort zu Wachstum. Die Proportionen zwischen den produktiven Bereichen und dem Dienstleistungssektor müssen stimmen. Das wußte vor 200 Jahren schon Adam Smith. Viel ökonomisches Wissen ist seitdem verlorengegangen…
4 Kommentare
such' doch mal z.B. bei Wikipedia nach "Target 2" und Du wirst feststellen, dass Dein ironischer Vorschlag bereits seit längerem in die erfolgreiche Tat umgesetzt wurde - seuftz.
Wenn man sich (wie oben beschrieben) mit
den Hintergründen der portugiesischen
Krise beschäftigt, kann man diese
Gemengelage (viel unproduktive Beamte
wenig produktive Leistungserbringer)
sehr leicht als Muster für künftige
"pseudo- oder neosozialistische"
Staatsformen identifizieren.
Allerdings ist offensichtlich
ein Weg zurück zur nationalen, regionalen
"Kleinstaaterei" keine Lösung.
Denn ...wenn man die Weltbevölkerung
und die Weltkarte anschaut ,wirkt Europa
und dort die (ach so wichtigen) Staaten
Frankreich, Deutschland, Portugal
usw ...fast wie ein Fliegenschiß
Will Europa (nicht unbedingt der
Euro) auf Dauer überleben sollte man einen
Weg der Integration weiter gehen.
Dazu gehört jedoch auch eine
durch das Volk (die Wähler)
..one man one vote ... geschaffene
Legitimität. Leider ist die bis
heute nicht erreicht.
Hans Stein 04 Okt 2013
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