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Enormer Lärm um fast nichts

von Wolfgang Prabel E-Mail 24.10.13 15:34:55

Der Internationale Währungsfonds erwägt eine 10-prozentige Schuldensteuer für alle in der EU geparkten Geldvermögen. Im Geldmonitor des IWF heißt es: „Die deutliche Verschlechterung der öffentlichen Finanzen in vielen Ländern hat das Interesse an einer Vermögensabgabe geweckt. Dies ist eine Einmalabgabe als eine außerordentliche Maßnahme, um die Nachhaltigkeit der Schulden wiederherzustellen.

Der Charme einer solchen Maßnahme besteht darin, dass so eine Steuer erhoben werden kann, bevor es zu einer Steuerflucht kommt. Dazu muss der Glaube hergestellt werden, dass die Maßnahme einmalig ist und nicht wiederholt werden wird. Die Steuer würde die Bürger nicht aufregen. Einige würden sie sogar als fair empfinden.“

So unwahrscheinlich wie dieser Gedanke auch anmutet, die Enteignung der Sparer in Zypern hat gezeigt, daß die Realität die Planspiele der Finanzeliten oft einholt.

Wie bei jeder staatlichen Maßnahme versteckt sich der Teufel im Detail. Am Beispiel Deutschlands kann man das illustrieren: Das Gesamtgeldvermögen beträgt 4,9 Billionen €. Davon sind aber nur gut 2 Billionen Bargeld und Einlagen bei Banken und Sparkassen. Etwa 1,4 Billionen sind Ansprüche gegenüber Versicherungen, vor allem natürlich Lebensversicherungen. Der Rest verteilt sich auf Zertifikate, Aktien, Pensionsrückstellungen und sonstige Beteiligungen. Was passiert, wenn man zum Beispiel Aktien mit einbezieht? Es käme voraussichtlich zu einem Massaker an den Aktienmärkten, weil ja Aktien flüssig gemacht werden müßten, um zu zahlen. Oder der Staat konfisziert einfach 10 % der Aktien und wird Aktionär. Auch bei geschlossenen Fonds ist das Einsammeln von 10 % eher schwierig. Auch Ansprüche gegen Lebensversicherungen sind kaum seriös zu beziffern, weil die Versicherungsnehmer von den Staaten in den April geschickt werden. Einfach zu handhaben sind eigentlich nur Bankeinlagen. Die können auf Knopfdruck in Sekunden ans Finanzamt gemeldet werden. Bei 2 Billionen Einlagen würden etwa 200 Mrd. € abgeschöpft werden.

Die Frage ist natürlich, ob das etwas nutzt. Die Gesamtverschuldung des Bundes, der Länder und Kommunen beträgt über 2 Billionen € oder 81 % des Bruttoinlandsprodukts. Davon würden 10 % getilgt werden. Der Schuldenstand betrüge nach dem Eingriff 1,8 Billionen € oder 73 % des BIP.

Zum Vergleich: Der deutsche Anteil an diversen Rettungspaketen für Griechenland, Portugal und Co. beträgt 392 Mrd, €, ist also doppelt so hoch wie der Ertrag einer 10%igen Abgabe auf Geldvermögen.

Außer dem lauten Geschrei der enteigneten Bürger würde eine 10-%-Abgabe auf Geldvermögen für den Schuldenabbau nichts substantielles bringen. Es wäre Symbolpolitik.

Der IWF verweist auf erfolgreiche Schuldenschnitte in Deutschland nach dem Ersten und Zweiten Weltkrieg. Ja, lieber IWF, damals wurden nicht 10 % des Geldvermögens enteignet, sondern eigentlich alles. Und erfolgreich war nur der von Schnitt von 1948, weil danach Marktwirtschaft light gemacht wurde. Der Schuldenschnitt von 1924 in einer planwirtschaftlichen Umgebung ebnete dagegen den Weg ins 1000jährige Reich.

Über 10 % Vermögensabgabe hätte Shakespeare folgendes Drama geschrieben: „Enormer Lärm um fast nichts.“ Falls Shakespeare in Sachwerten wie Gold investiert gewesen wäre, wäre es natürlich ein Lustspiel geworden…

Weitere Einträge zur Finanzkrise: http://www.prabelsblog.de/category/vor-der-finanzkrise/

3 Kommentare

Kommentar from: Jürgen Kremser [Besucher]
25.10.2013

Die Ersparnisse der Arbeitenden beruhten früher auf deren Konsumverzicht, die dann hauptsächlich der Staat als Darlehen aufnahm, anschließend wieder ausgab für seine Beamten usw. und so weitere Ersparnisbildung ermöglichte. (Heute und in Zukunft beruht die Darlehensaufnahme des Staates nicht mehr auf Konsumverzicht, sondern auf Geldschöpfung der EZB durch Ankauf hauptsächlich staatlicher Schuldtitel.)

Die Senkung der Staatsschulden erfordert deswegen im gleichen Maße die Senkung der Ersparnisse des einzelnen, die durch die staatliche Verschuldung im wesentlichen gebildet werden konnte. Eine Halbierung der Staatsschulden, wie sie heute beim Staatsschuldenstand erforderlich wäre, erfordert mithin auch die ungefähre Halbierung der Ersparnisse.

"Einfach zu handhaben sind eigentlich nur Bankeinlagen." Möglicherweise technisch schon, aber mit ökonomisch verheerenden Folgen. Sparer, die ihr Geld sowieso nicht brauchen und ihr Geld nur wegen ungesicherter Zukunftsängste, d. h. für einen Notgroschen, besitzen, kann man eventuell ihr Geld folgenlos konfiszieren, denn die beginnen dann den Verlust instinktiv wieder zu ersetzen durch nachsparen. Aber überall dort, wo eine Bankeinlage gleichzeitig auch als Geschäftskonto benutzt wird, können erforderliche Investitionen nach der Konfiskation nicht mehr getätigt werden, so dass der Wirtschaftskeislauf massiv gestört wird, wie jetzt etwa in Zypern.
25.10.13 @ 04:35
Kommentar from: Bert [Besucher]
Es wurde auch schon laut diskutiert, dass der Kreditrahmen (z.B. auf dem Konto) ebenfalls genutzt würde.
25.10.13 @ 18:11
Kommentar from: wolfgang eikmeier [Besucher]
****-
Ich denke, daß ein ganz anderer Grund vorliegt, wenn angekündigt wird, es werde 10 % von den Guthaben der Konten praktisch als Steuer einbehalten. Der einzige hinterhältige Grund ist doch insofern zu finden, daß die Menschen ihr sauer verdientes Geld umwandeln sollen und zwar durch den Kauf von feilgebotenen Schrottpapieren!!!Die sind eh nichts mehr wert und der Verkauf in der Bank bringt den Bankberatern eine schöne Stange Verkaufsprovision. Ja, und für die Zockerbuden dann natürlich fast 100 % Gewinn bei Verkauf. Kapiert??? Gut, dann das vorhandene Geld bei der Bank komplett abholen und Edelmetalle kaufen Die sind zur Zeit noch richtig günstig zu haben und bringen in Kürze Sicherheit und sind richtig gut für die Psyche!!! Also nicht vereimern lassen, dazu sind die heutigen Entscheidungsträger doch wirklich zu blöd.
26.10.13 @ 18:34

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