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Der Kunstmarkt und der Kotau vor dem Zeitgeist

von Wolfgang Prabel E-Mail 18.11.14 14:10:58

Kunst und Antiquitäten waren neben Gold, Schmuck, Immobilien und Wald immer eine Anlage für konservative langfristig denkende Investoren. Aber ach! Der Kunstmarkt hat genauso wie der Immobilienmarkt auch Fallen.

Gesinnungskunst hat es immer gegeben. Also Kunst, die dem Zeitgeist huldigt und eine herrschende Stimmung oder Gesinnungsgenossenschaft bedient. Uns fällt da zunächst immer der sozialistische Realismus ein, im Westen auch nationaler Historismus genannt. Impressionisten malten was sie sahen, Expressionisten zeichneten was sie fühlten und sozialistische Realisten brachten aufs Blatt oder modellierten was sie von den Machthabern hörten. Im heutigen Kunsthandel sind 80 % davon nur als Ramsch verkäuflich. Aber es war ja nicht nur die Staatskunst Hitlers und Stalins, die in diese Schublade des Mainstreams gehört. Die Zeit vor und nach den Diktaturen des 20. Jahrhunderts weist auch diesen Drang zum Modischen auf.

Fast unversteigerbar auf Kunstauktionen sind die zahlreich angebotenen Handwerker- und Arbeiterbronzen der Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert. Sie zeigten damals die Affinität des Besitzers zum alten deutschen Handwerk eines Hans Sachs, zur Materialgerechtigkeit, zum Meisterzwang und waren Ausweis der Gegnerschaft zur industriellen Maschinenarbeit, also auch zum Marxismus und Kapitalismus. Oder die Jugendstil-Zinnkannen, die die ungeschlachte Größe aufweisen, daß der Übermensch sich daraus einen einschenken konnte. Und die beim Nachverkauf der Auktionen in Massen rumstehen.

Die Nachkriegskunst nach 1945 bzw. 1990 ist ebenfalls weitgehend ein Zug der Lemminge. Wenn man einen unproportionierten Farbklecks sieht oder eine verrutschte abstrakte Komposition, befindet man sich in einem öffentlichen Gebäude, in der Kanzlei bzw. Praxis eines Freiberuflers oder dem geschmacklosen Besprechungsraum eines Industriellen oder einer Versicherung. In jedem Wartezimmer, in jeder Bank macht Malerei die Leute krank. Es ist wie um 1900 oder um 1935 ein Gruppenzwang entstanden, etwas Angesagtes schön zu finden. Die Maler und Bildhauer schaffen des Kaisers neue Kleider. Niemand traut sich eine Kritik zu, denn dann könnten die Anderen denken, daß man für sein Amt nicht tauge.

Für den Kunstmarkt als Wertanlage ist das fatal. Die Kunst der Jahrhundertwende und des Dritten Reiches ist heute spottbillig zu haben, wenn man von Spitzenerzeugnissen der Wiener Werkstätten, von Èmile Gallé und anderen Künstlern, die auch etwas konnten, einmal absieht. Die Preise für Picasso, Grosz und andere Protagonisten der klassischen Moderne gehen von ungeahnten Höhen bereits jetzt in den freien Fall über. Diese Entwertung wird in ein bis zwei Jahrzehnten auch die ganze neuzeitliche Moderne betreffen, wiederum von wenigen Pionieren und wirklichen Könnern abgesehen.

Der ganze wohlfeile Dilettantismus wird im Müllcontainer oder auf dem Flohmarkt landen, so wie dies mit Stimmungskunst und Gefühlskitsch immer schon der Fall war. Der Sammler und auch der Anleger auf dem Kunstmarkt sollten ein waches Auge auf die handwerklichen und kompositorischen Fähigkeiten der Künstler werfen. Denn Gesinnungen wechseln, Fähigkeiten bleiben und überdauern. Selbst hartgesottene Atheisten können die perfekte Darstellung einer Heiligen aus dem 17. Jahrhundert erfassen und Christen könne sich an gekonnten Aktdarstellungen erfreuen. Die Kirchen des 18. Jahrhunderts waren voll davon. Lasziv wirkende Engel sind eine Spezialität des Rokoko. Die von der korrupten Kunstkritik hochgejubelten Dekonstruktionskleckseleien und semiplastischen Materialklumpen, die derzeit stark überbewertet sind, werden preislich jedoch kollabieren.

Es gibt auf dem Kunstmarkt Bluechips wie Klassizismus, Empire und Biedermeier. Aber selbst bei diesen durch Alter geadelten Kunstwerken lohnt sich immer der zweite Blick auf die wirkliche Qualität und Meisterschaft. Kunst kommt von Können und nicht von Glauben.

Kunst, Immobilien und Wald verlangen etwas Fachkentnis und Zeit vom Investor. Wer sich mit Kunst und Sammlermünzen nicht etwas intensiver beschäftigen will, sollte Anlagemünzen bevorzugen oder einen guten Berater haben.

Der Autor ist Betreiber von Prabels Blog. Letzte Einträge betrafen das Demonstrationsrecht, die Entdeckung Amerikas, die Berichterstattung über die Demo in Erfurt und Vegatarismus unter dem Aspekt der Bodennutzung.

8 Kommentare

Kommentar from: Claudius v.d.Bach-Zelewski [Besucher]
****-
Oppulente Biedermeier-Sofas in gutem Erhalt habe ich auf Auktionen schon für deutlich unter 500€ weggehen sehen.

Es kann nicht allein an der erforderlichen Stellfläche, die neuzeitliche Häuser und Wohnungen häufig nicht mehr aufweisen, gelegen haben

Also wohl kaum ein "Bluechip" - wenn auch leider.

Auffällige Überschneidungen sind festzustellen zwischen dem abstrakten "Kunst"-Dilettantismus sog. bundesdeutscher Linksintellektueller und dem in der Hölle versunkenem "Nazi-Reich": So war Joseph Beuys, eine im Demokraten-Westdeutschland viel geehrte, leinwandklecksende Koriphäe der sog. abstrakten Kunst, in seinem ersten, regelmäßig "vergessenen" Leben 12-jähriger Kriegsfreiwilliger und Bordfunker-/Schütze der Grossdeutschen Luftwaffe (Ju 87 "Stuka").

Als der "Stuka" 1944 von "Boleschewiken-Flak" getroffen über der Krim abschmierte, war Beuysens grossdeutsche Fliegerkarriere statt nach 12 nicht etwa nach stolzen 1000, sondern schon dünnen 3 Jahren beendet.

Intensiv beschäftigten die Beuysschen Werke nach dem verlorenem Krieg und erfolgreichem "Vergessen" des dann kunstschaffenden ex-Welteroberers auch westdeutsche Zivilsenate: Für Kunstamateure nicht ohne weiteres als "Kunst" erkennbar, wanderte so manche Oeuvre in den Abfall.

Nachzulesen unter dem Stichwort Beuys "Fettecke" oder Beuys-"Badewanne".

Im ersteren Falle entfernte der pflichtbewußte Hausmeister einer rheinischen Kunsthochschule von des Meisters Hand unter die Akademie-Decke geschmiertes Fett, im zweiten profanisierten die Genossen des "S.P.D."-Ortsvereines Leverkusen-Alkenrath eine von Beuys mit Mullbinden und Heftpflaster vollgestopfte, alte Badewanne zum Spülen der Biergläser nach feucht-fröhlichem Arbeiterfunktionärs-Gelage.

Es wurden für die "Schäden" 40,000 bzw. 58,000 DM an Schadensersatz gezahlt, was klare Rückschlüsse nicht nur auf den Geisteszustand dieses "Künstlers", sondern auch die mentale Verfaßtheit bundesrepublikanischer Zivilrichter gestattet.

18.11.14 @ 15:00
Kommentar from: EllieBringmann [Besucher]
Könnte es sein das ihr gutes Handwerk mit Kunst verwechselt? Artikelschreiber wie auch Kommentator.
Rhetorische Frage.

Wenn man "Bluechips" sucht, deutet das auf Defizite hin bzw. eine gewisse Einseitigkeit.
Kunst ist mehr als Wertanlage oder gut ausgeführte Fingerübung.

Wer Beuys als Scharlatan bezeichnet, liegt daneben, es sei denn man nimmt ihn NICHT NUR als Gaukler wahr (der er auch hin und wieder sein wollte). Von ihm stammt der Spruch "Jeder Mensch ist Künstler". Schadet nichts über die scheinbare Oberflächlichkeit des Spruchs etwas nachzudenken....
Genauso wie über die scheinbare Oberflächlichkeit seiner Arbeiten.

Übrigens; in jeder Zeit- bzw. Kunstepoche gab es hochgelobte Künstler und Kunstrichtungen, die später, trotz ihrer unbestrittenen Kunstfertigkeit, dem Vergessen anheim gefallen sind.
Dazu gehören z.B. die opulenten Schlachtengemälde des 18./19.Jhd., zu ihrer Hochzeit ein "must have" in Neudeutsch ;o).
Heute wird dafür, wenn überhaupt, der damalige Materialwert für Leinwand, Farbe und Pinsel bezahlt.

Echte Kunst ist unvergänglich, macht Spass und muss nicht von "In" Künstlern stammen.
Ein einseitiger Artikel Herr Prabel.
Sammeln sie mal paar Fundstücke der Woche und kleben eine Collage daraus, kann auch ein Materialbild sein. Alte Fahrscheine, Kinokarten, die letzte Tankquittung, eine Scherbe der herunterfallenen Tasse, ein Stück Altholz - was auch immer.
Gelebte Kunst, von Bluechipssammlern als Dadaismus bezeichnet, doch nur wenn es der "Richtige" gefertigt hat.
Nur so aus Spass, dann nochmals einen Artikel "zur Kunst als solches" schreiben.

Schön das wir darüber geredet haben. :o)
19.11.14 @ 10:36
Kommentar from: Reinhard [Besucher]
*****
Überhaupt Kunst und Finanzen aneinander zu koppeln, ist inkompatibel - wenn es doch gemacht wird: eigentlich unreal. Ich denke an die Hundertmillionen, die Warholes beide Bilder (NRW verkloppt sein Tafelsilber) ersteigert haben - verrückt! Ob Boys ein großer Künstler ist, kann ich nicht beurteilen - daß er ein Nazi-Kampfflieger war, ist mir erst durch diesen Artikel bewußt geworden. Den Günter Grass wollte man literarisch hinrichten, indem man drauf rumritt, er sei als 17jähriger in die SS eingetreten. Und? Hat man? Nein. Ich selber würde weder für Boys noch für Warhole solche Irrsinnssummen hinlegen. Das kommt mir völlig irrational, nein hirnrissig vor. Das können auch nur Leute, die nicht wissen, wohin mit ihrer Kohle. Oder eben Spekulanten. Ich finde, Kunst in Geld hochzurechnen, ist eine Perversion. Überhaupt, weil Geld so ungreifbar ist, läßt sich soviel Verwirrendes, Betrügerisches damit machen. Ich muß immer daran denken, wie van Gogh ohne seinen Bruder verhungert wäre, und was heute seine Bilder an Preisen erzielen, daß Mozart in einem Massengrab verbuddelt wurde, und welche Tantiemen er heute einführe, daß Schubert noch nicht mal ein eigenes Bett besaß... um bei der Zwangsehe Art&Commerz einen Brechreiz zu verspüren.
19.11.14 @ 19:40
Kommentar from: wolf [Besucher]
****-
Ja Beuys hat gesagt, daß jeder Mensch ein Künstler ist. Das ging in der damaligen Zeit sogar soweit, daß ein "Starmusiker" seine Exkremente in Dosen entsorgen ließ und sie später als "Kunstwerke" vermarkten wollte. Der eine oder andere Weltbürger wird sich sicherlich noch daran erinnern können. Ja, ich gebe zu, insofern hat Beuys recht gehabt, j e d e r Mensch ist ein Künstler. Ich bin kein Kunstkenner, aber ich denke so wie jeder Normalo, weil Kunst von Können her kommt. Es muß also immer etwas ganz besonderes sein, auch augenfälliges. Wenn ein normaler Mensch dann ins Schwärmen gerät und dieses Werk achtungsvoll betrachtet, wird es sich wohl um Kunst handeln. Handelt es sich allerdings um Fäkalienprodukte, mit denen der Markt ja auch überschwemmt wird, so können diese nur noch als Sondermüll entsorgt werden. Wenn ein "Künstler" solch einen Mist vermarkten will, ist es meiner Meinung nach menschenverachtend und hat noch nicht einmal mit Kohle machen zu tun.
20.11.14 @ 10:46
Kommentar from: Claudius v.d.Bach-Zelewski [Besucher]
@Frl.Bringmann

Wäre interessant zu wissen, welche der Beuysschen Schmierereien und Murksereien denn in die "Tiefe" ging - gemeint die des "demokratisch" gehäuteten Beuys 02.

Im Leben des jungen Marschierers Beuys 01 hatte wohl so manches "Werk" nachhaltige "Tiefenwirkung" - ich denke da z.B. an PC 1000 RS (Panzersprengbombe mit Penetrator)..

20.11.14 @ 13:32
Kommentar from: Adept [Besucher]
****-
Kunst unterliegt dem Zeitgeist - erst im Nachhinein wußte man um die Qualitäten eines Bachs, dem Leipziger Thomaskantors.
Natürlich wird die Mainstream-'Kunst', wie schon immer,stattdessen den Bach hinab gehen.
Schlampige Handwerker wie Picasso und Chagall verlieren an Wert, während Künstler mit auch handwerklicher Qualität wie Salvadore Dali oder Miro immer einen Markt haben werden.
Kunst hat die doppelt gespiegelte Wirklichkeit von Gegenwart und Zukunft: Und da setzt sich Qualität durch.
Wer allerdings auf dem Kopf stehendes Geschmiere überteuert einkauft muß sich nicht wundern, wenn sich die nächste Generation das Zeugs nicht an die Wand hängen will.


20.11.14 @ 22:45
Kommentar from: Ellie Bringmann [Besucher]
@Herr v.ZBZ
Einiges von Beuys ist sehens- und aufhebenswert, mich würde mal interessieren was er selbst dazuzählen würde.....jetzt, nicht zu Lebzeiten. :o)
Ganz allgemein machen Kinder die beste Kunst, weil sie am wenigsten beeinflusst sind. das verliert sich später und leider...nicht bei allen.

Deshalb, keine Strömung oder Einzelwerke, sondern der "kindliche Anteil".
Das ist meine subjektive Meinung.

Es gibt noch mehr außer den "Platzhirschen" Picasso, Miro, Chagall, Beuys, Warhol, Dali, Beethoven, Mozart etc.. Ob man sie nun verteufeln muss weil zum Teil geschäftstüchtig waren bezweifle ich.

Die Menschen sind nicht deswegen Künstler, weil sie irgendetwas herstellen und das dann so nennen, sondern weil sie die gesehene und erlebte Welt "übersetzen" können in eine andere (manchmal allgemeingültige) Sichtweise, die oft anderen verschlossen bleibt.
Kann man hier ganz gut erkennen ;o).

Das jeder das anders wertet und sieht ist normal; bloss der Artikel des Mr.Prabel schien mir zu einseitig.
Zu viel materieller Neid und das große Ganze gerät etwas aus der Betrachtung.
Ja der KUNSTMARKT ist eine Hure und verachtenswert, nicht die Kunst.
Gilt natürlich neben der bildenden K. auch für Musik und darstellende Kunst.
23.11.14 @ 14:26
Kommentar from: Groeg Spil [Besucher]
*****
Die Kunst ist tot, mausetot, ermordet von Picasso himself.
25.11.14 @ 07:45

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